Aktives Liquiditätsmanagement lohnt sich

Fachbeitrag von Raoul Egeli, Creditreform

Stets über ausreichende liquide Mittel zu verfügen, ist eine Kernaufgabe einer guten Unternehmensführung – und wird dennoch vernachlässigt. Doch Umsatz und Rendite brauchen dieses Fundament, gerade in KMU. Wer auf einige Grundsätze achtet und ein konsequentes Liquiditätsmanagement betreibt, ist auf der sicheren Seite.

Es ist alte Schule, das Nettoumlaufsvermögen, also die die frei verfügbaren Mittel, stets über Null zu halten, diese aber auch nicht in zu grosse Höhen wachsen zu lassen, weil damit unnötig Kapital gebunden wird. Man tut also gut daran, es mit dem Lagerbestand nicht zu übertreiben, möglichst kurze Zahlungsfristen beim Kunden durchzusetzen sowie die eigenen Zahlungsfristen möglichst weit zu strecken. Über die vereinbarten Grenzen sollte man aber nie gehen. Denn das kann die eigene Bonität aufs Spiel setzen, was wiederum zu geringeren Kreditlimiten bei Lieferanten oder Banken führen kann – und damit zu höheren Zinskosten.

So weit, so gut. Doch der Teufel steckt im vermeintlichen Detail, gerade, wenn es um die Guthaben bei der Kundschaft geht. Man muss sich im Klaren sein: Wer auf Rechnung liefert, gewährt einen Lieferantenkredit, der, anders als bei Bankkrediten, nicht mit ausreichenden Sicherheiten gedeckt ist. «Know your Customer», kenne deinen Kunden, ist eine Faustregel, die nicht nur Bankiers, sondern alle Unternehmerinnen und Unternehmer beherzigen sollten. Doch selbst Stammkunden können in finanzielle Schieflagen geraten, was übrigens wesentlich öfter vorkommt, als man vielleicht vermuten könnte. Das kann, wenn es zum Schlimmsten kommt, zu erheblichen Abschreibern führen, vor allem, wenn man erste Warnsignale wie verspätete Zahlungen, ignoriert werden, um einen guten Kunden nicht zu verlieren. Jedes Unternehmen tut deshalb gut daran, es gar nicht soweit kommen zu lassen. Ein Rechenbeispiel: Wer bei einem Umsatz von einer Million Franken einen Reingewinn von 50'000 Franken erwirtschaftet, darf durchaus zufrieden sein. Kommt es aber zu Debitoren­verlusten von 20'000 Franken, wird einerseits der Gewinn geschmälert, anderseits müsste der Umsatz um rund 400'000 Franken gesteigert werden, um diesen Verlust zu kompensieren – eine unrealistische Erwartung. Es lohnt sich deshalb, diese Abschreiber mit einem konsequenten Liquiditätsmanagement auf ein Minimum zu reduzieren.


Von der Acquisition bis zum Zahlungseingang

Debitorenverluste entstehen letztlich schon bei der Acquisition, vor allem, wenn der Bonität des Kunden zu wenig Beachtung geschenkt wird. Das Liquiditätsmanagement beginnt deshalb bei einer seriösen Einschätzung der Bonität. Eine Betreibungsauskunft reicht nicht. Dienstleister wie Creditreform leisten hier auf einer sehr breiten Datenbasis mit einem einfach zu handhabenden Beurteilungssystem wertvolle Entscheidungshilfe. Diese Anbindung ist gerade im Onlineshop zentral, damit der Kaufprozess nicht unterbrochen wird.

Der Kaufvertrag sollte so formuliert werden, dass ein etwaiger Rechtsvorschlag im Betreibungsverfahren durch die Unterschrift des Kunden chancenlos ist, weil eine rechtsgültige Schuldanerkennung durch die Vertrags­unterzeichnung bereits vorliegt. Leider ist dies aber vielfach nicht möglich. Zumindest aber geregelt werden sollten daneben in den Allgemeinen Geschäfts­bedingungen Zahlungs­fristen sowie Mahn­gebühren und Verzugs­zinsen. Diese dürfen auch über fünf Prozent liegen. Unternehmens­intern kann es zu Interessens­konflikten kommen. Die Verkaufs­abteilung drängt auf einen Geschäfts­abschluss, die Finanz­abteilung bremst, weil sie an der Bonität zweifelt. Den Kredit- und Debitoren­managern obliegt es, hier die Vermittler­rolle ein­zunehmen. Zu klären ist die Frage der Kompetenzen im Liquiditäts­management. Das Schuld­betreibungs- und Konkurs­recht beispiels­weise ist eine komplexe Materie, die viel Spezial­wissen verlangt. Ist dieses im Haus nicht vorhanden, müssen Alternativen geprüft werden.


Abläufe beachten

Nach Geschäftsabschluss gilt es, von der Rechnungstellung bis zum allfälligen Forderungseinzug, klar strukturierten Abläufen zu folgen. Der Kunde sollte rechtzeitig über seinen Zahlungsverzug informiert werden, und auch mit der Durchsetzung auf dem Rechtsweg sollte nicht zu lange gewartet werden. Hier lohnt es sich in vielen Fällen, einen externen Inkasso-Dienstleister wie Creditreform beizuziehen. Das Outsourcing entlastet Mitarbeitende, damit sie sich um die wichtigen Kunden kümmern können. Und es beruhigt die Geschäftsleitung, die das Inkasso in den Händen von Fachleuten weiss, die über das SchKG Bescheid wissen.


Zahlartensteuerung im Onlinehandel

Immer bedeutender wird der Onlinehandel. Ohne Integration der Zahlartenssteuerung in Abhängigkeit der Bonität des Kunden im Hintergrund geht dort gar nichts mehr. Es macht Sinn, diese in die Hände von spezialisierten Dienstleistern zu geben. Je nach eingesetzter Shop-Lösung werden Plugins bereitgestellt, die diese Funktionalität standardmässig zur Verfügung stellen. Der Dienstleister kümmert sich auch um Rechnungsversand, Forderungseinzug und Inkasso.


Verlustscheine bewirtschaften (lassen)

Verlustscheine sind kein verlorenes Geld. Mit deren Bewirtschaftung lässt sich kurzfristig Geld einnehmen. Seit 2017 verjähren Verlustscheine nach 20 Jahren. Eine Überprüfung der Bonität des Schuldners ist gerade vor Ablauf der Verjährungsfrist wichtig, bevor die Forderung endgültig abgeschrieben werden muss. Das geht im Unternehmensalltag allzu oft unter, oder es fehlen Infrastruktur und Zeit, die Verlustscheine zu bewirtschaften. Auch hier greifen professionelle Inkasso-Dienstleister unter die Arme. In jedem Fall gilt es, alle relevanten Unterlagen aufzubewahren. Denn der Verlustschein gilt nicht als Beweis einer Forderung und wird von den Gerichten nicht als Forderungsnachweis anerkannt.

Raul Egeli

Raoul Egeli, Präsident Creditreform

Schweiz. Verband Creditreform
Teufener Strasse 36
9000 St.Gallen

Tel: +41 71 221 11 80
[email protected]
www.creditreform.ch

Raoul Egeliist seit 2008 Präsident des Schweizerischen Verbands Creditreform und seit 2014 Präsident von Creditreform International sowie Mitglied der Gewerbe­kammer des SGV. Zudem ist er Geschäfts­führer der Creditreform Egeli Gesell­schaften in Basel, Bern, St. Gallen und Zürich. Seit 2019 ist er Mitglied im Vorstand des Inkasso­verbandes Inkasso Suisse und war von 2009 bis 2013 Zentral­präsident von TREUHAND|SUISSE. Raoul Egeli ist Autor mehrerer Fach­bücher rund um das Thema Kredit und Forderungsmanagement.

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