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Was ist die güterrechtliche Auseinandersetzung?


Der Begriff «güterrechtliche Auseinandersetzung» bezeichnet die Aufteilung des ehelichen Vermögens auf Mann und Frau, insbesondere bei Scheidung oder im Todesfall. Wie diese Aufteilung abläuft, hängt vom Güterstand eines Ehepaars ab.

Bei der güterrechtlichen Auseinandersetzung gilt grundsätzlich: Jede Seite behält ihr Eigengut und erhält die Hälfte des gemeinsam Erarbeiteten, der Errungenschaft respektive des Gesamtguts. Wurde Vermögen vermischt oder ist strittig, wer Eigentümer eines Vermögenswerts ist, gelten zwei Regeln:
  • Kann keine Seite beweisen, dass ein Vermögensgegenstand ihr gehört, wird Miteigentum angenommen (bei Gütergemeinschaft Gesamteigentum). Dann müssen die Eheleute entweder entscheiden, wer den Gegenstand (gegen Verrechnung) zu Alleineigentum übernimmt. Oder sie verkaufen ihn und halbieren den Erlös.
  • Ist bei einem Vermögensgegenstand nicht klar, ob er ins Eigengut oder in die Errungenschaft(bei Gütergemeinschaft ins Gesamtgut) gehört, fällt er in die Errungenschaft (ins Gesamtgut). Damit muss der Wert mit dem Partner, der Partnerin geteilt werden.


Güterrechtliche Auseinandersetzung bei der Errungenschaftsbeteiligung

Bei der Errungenschaftsbeteiligung läuft die güterrechtliche Auseinandersetzung grob gesagt in vier Schritten ab:

  • Eigentumsverhältnisse klären und Schulden regeln
    Zunächst wird festgestellt, welche Guthaben und welche Schulden Mann und Frau haben. 
  • Zuordnung zu Eigengut und Errungenschaft
    Im zweiten Schritt werden die Vermögenswerte jeder Seite ihrem Eigengut respektive ihrer Errungenschaft zugeordnet – dasselbe passiert mit den Schulden.
    Sind an einem Vermögensgegenstand Eigengut und Errungenschaft beteiligt, wird der Vermögensgegenstand der Gütermasse mit dem grösseren Anteil zugeordnet; der anderen Gütermasse steht eine Ersatzforderung zu – ein Beispiel: Die Ehefrau hat die geerbte Liegenschaft (Eigengut) mit Ersparnissen aus ihrem Lohn (Errungenschaft) renoviert; die Errungenschaft hat gegenüber dem Eigengut eine Ersatzforderung. Auch zwischen den Gütermassen von Mann und Frau können solche Ersatzforderungen bestehen – etwa, wenn der Mann die Renovation der geerbten Liegenschaft seiner Frau finanziert hat.
  • Vorschlag berechnen
    Jede Seite behält ihr Eigengut. Zudem hat sie Anspruch auf die Hälfte des Vorschlags (= Saldo der beiden Errungenschaften) – ausser wenn ehevertraglich etwas anderes vereinbart wurde. Ist die Errungenschaft des Ehemanns negativ, muss er dies selber tragen. Die Ehefrau muss sich nicht nachträglich an den Schulden beteiligen – sie muss aber die Hälfte ihrer Errungenschaft abgeben.
  • Beteiligungen berechnen und auszahlen
    Die Beteiligungen werden mit ihrem Verkehrswert zum Zeitpunkt der güterrechtlichen Auseinandersetzung berücksichtigt – auch wenn etwa in einer umstrittenen Scheidung erst nach Jahren des Prozessierens effektiv geteilt wird. Hat eine Seite erhebliche Schwierigkeiten, die Beteiligungsforderung sofort zu begleichen, kann ihr das Gericht einen Zahlungsaufschub gewähren.

Die ganze Auseinandersetzung an einem Beispiel

Der Ehemann hat die Schreinerei seines Vaters geerbt. Der Wert des Betriebs wird bei der Scheidung mit 400'000 Franken beziffert. Auf der Schuldenseite steht ein Kredit von 50'000 Franken. Während der Ehe hat der Unternehmer 100'000 Franken in die Fabrik investiert; vom Lohn, den er sich ausgezahlt hat, konnte er 60'000 Franken sparen. Seine Ehefrau hat von ihrer Tante Aktien geerbt, aktueller Wert: 90'000 Franken. Während der Ehe hat sie aus einem Teilzeitjob und aus den Erträgen des geerbten Vermögens insgesamt 100'000 Franken gespart. Nun werden das Unternehmen, die Aktien und das Ersparte dem Eigengut und der Errungenschaft von Mann und Frau zugeordnet.

Jede Seite behält ihr Eigengut, also das Unternehmen respektive die Aktien. Das Gesparte der beiden ist Errungenschaft, die Summen werden addiert und hälftig auf Mann und Frau aufgeteilt. Für die 100'000 Franken, die der Schreiner in seine Fabrik investiert hat, hat seine Errungenschaft eine Ersatzforderung, die Hälfte steht also seiner Frau zu. Die Hypothek auf dem Fabrikgebäude schliesslich wird dem Eigengut des Unternehmers zugerechnet. 

Vermögensstand im Scheidungszeitpunkt
UnternehmerEhefrau

Eigengut 
Fabrik: Fr. 400'000.–
– Kredit: Fr. 50'000.–
– Ersatzforderung Errungen-schaft Mann: Fr. 100'000.–

Errungenschaft 
Erspartes: Fr. 60'000.–
+ Ersatzforderung
für Investitionen: Fr. 100'000.–

Errungenschaft 
Erspartes: Fr. 100'000.–

Eigengut 
Aktien: Fr. 90'000.–

Saldo Eigengut:
Fr. 250'000.–

Saldo Errungenschaft:
Fr. 160'000.–
Saldo Errungenschaft.
Fr. 100'000.–
Saldo Eigengut:
Fr. 90'000.–
Vorschlag Ehepaar: Fr. 260'000.–
Güterrechtliche Auseinandersetzung
UnternehmerEhefrau

Eigengut: Fr. 250'000.–

½ Vorschlag: Fr. 130'000.–½ Vorschlag: Fr. 130'000.–Eigengut: Fr. 90'000.–


Güterrechtliche Auseinandersetzung bei Gütergemeinschaft

Grundsätzlich verläuft die güterrechtliche Auseinandersetzung bei der Gütergemeinschaft analog zu derjenigen bei der Errungenschaftsbeteiligung: Jede Seite behält ihr Eigengut, das Gesamtgut wird hälftig geteilt. Das Gesetz unterscheidet aber zwei Situationen:

  • Stirbt ein Ehegatte oder vereinbaren die beiden einen anderen Güterstand, erhält jede Seite – respektive die Erben – die Hälfte des Gesamtguts. Im Ehevertrag kann ein anderer Verteilschlüssel vereinbart werden.
  • Bei einer Scheidung sieht es anders aus: Alle Vermögenswerte, die bei der Errungenschaftsbeteiligung Eigengut wären, gelten als Eigengut – also beispielsweise auch eine Erbschaft oder in die Ehe mitgebrachtes Vermögen. Nur der Rest des Gesamtguts wird halbiert (oder gemäss der ehevertraglichen Vereinbarung geteilt). So führt die Abrechnung zum selben Resultat wie bei der Errungenschaftsbeteiligung.


Güterrechtliche Auseinandersetzung bei Gütertrennung

Bei der Gütertrennung gibt es im Fall von Scheidung oder Tod gar nichts zu teilen. Jede Seite behält ihr ganzes Vermögen.

Möglich ist aber, dass während der Ehe eine Seite ins Vermögen der anderen investiert hat, beispielsweise indem der Ehemann seiner Partnerin beim Ausbau ihres Geschäfts finanziell unter die Arme greift. Für den investierten Betrag hat er bei Auflösung der Ehe eine Ersatzforderung. Hat das Geschäft in der Zwischenzeit an Wert gewonnen, ist er an diesem Mehrwert aber nicht beteiligt – ausser, das Paar hat dies vertraglich vereinbart.