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Haften Angestellte für Schäden am Arbeitsplatz?


Wo gearbeitet wird, passieren Fehler. Grundsätzlich können Arbeitnehmende für angerichtete Schäden finanziell zur Rechenschaft gezogen werden. Aber die gesetzlichen Regeln sind komplex. Haftungsfragen müssen daher oft gerichtlich geklärt werden, falls man sich nicht gütlich einigen kann. Zusammenfassend lässt sich sagen: Eine volle Haftung des Arbeitnehmers besteht nur bei wirklich schwerem Verschulden, wenn der oder die Betreffende Gebote elementarster Vorsicht missachtet hat.


Arbeitnehmerhaftung: Was sagt das Gesetz?

Gemäss Art. 321e OR ist ein Arbeitnehmer «verantwortlich für den Schaden, den er absichtlich oder fahrlässig dem Arbeitgeber zufügt». Allerdings ist die Haftung gemildert und hängt von verschiedenen Kriterien ab. Es gelten folgende Regeln:
  • Arbeitnehmende haften nur, wenn sie einen Schaden tatsächlich verursacht haben – und zwar durch eine Pflichtverletzung –, zum Beispiel durch eine Missachtung von Weisungen und Sorgfaltsregeln. Ohne Verschulden besteht keine Haftung. Der Schaden kann daher auch nicht auf alle möglicherweise Beteiligten aufgeteilt werden – etwa ein Kassenmanko auf alle, die mit dieser Kasse arbeiten.
  • Massgebend ist die Schwere des Verschuldens. Bei kleinen Versehen besteht in der Regel keine oder nur eine sehr eingeschränkte Haftung. Anders bei grobfahrlässigem oder gar absichtlichem Verhalten: Hier gilt volle Haftung. «Mildernde Umstände» gibt es allerdings bei risikoreichen Tätigkeiten, beispielsweise bei Berufschauffeuren oder bei Angestellten, die mit komplizierten Maschinen hantieren.
  • Eine Rolle spielen auch die Art des Arbeitsverhältnisses, die Fachkenntnisse sowie die «Fähigkeiten und Eigenschaften des Arbeitnehmers, die der Arbeitgeber gekannt hat oder hätte kennen sollen», so das Gesetz. Bei Berufsanfängern wird eher ein Auge zugedrückt als bei erfahrenen Fachkräften.
  • Berücksichtigt wird zudem der Lohn: Einfaches Personal muss im Schadenfall weniger tief in die Tasche greifen als hoch bezahlte Kaderleute.


Mitverschulden des Arbeitgebers?

Mitentscheidend in Haftungsfällen ist auch die Rolle des Arbeitgebers. Setzt er für eine schwierige Aufgabe unerfahrene Angestellte ein und kontrolliert er sie nur unzureichend, ist er für die Schäden mitverantwortlich. Laut Bundesgericht liegt ein Selbstverschulden des Arbeitgebers aber nur dann vor, wenn dieser eigentlich hätte wissen oder zumindest annehmen müssen, dass der Arbeitnehmer überfordert sein könnte. Im Übrigen hebt – so das Gericht – ein Mitverschulden des Arbeitgebers den Anspruch auf Schadenersatz nicht gänzlich auf, sondern schmälert ihn nur. Hat der Arbeitgeber die schadenstiftende Handlung aber angeordnet oder duldet er sie widerspruchslos, entfällt die Haftung des Arbeitnehmers (Bundesgerichtsurteil 4C.16/2003 vom 24. Juni 2003).


Es kommt auf den Einzelfall an

Jeder Fall muss gesondert beurteilt werden – je nach den Umständen. Im Übrigen sind die gesetzlichen Bestimmungen zwingend und dürfen vertraglich nicht verschärft werden. Vertragsklauseln, die von vornherein regeln wollen, wann ein Angestellter in welchem Umfang haftet, sind nicht verbindlich. Eine Vereinbarung über die Schadenersatzpflicht des Arbeitnehmers wäre nur zulässig, wenn dieser dadurch nicht schlechter gestellt wird als bei Anwendung der gesetzlichen Regelung. Im Streitfall entscheidet der Richter.


Nicht zuwarten mit der Forderung

Der Arbeitgeber sollte eine allfällige Schadenersatzforderung geltend machen, sobald er vom Schaden erfährt. Laut Bundesgericht ist von einem Verzicht auszugehen, wenn der Arbeitgeber bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses für bekannte Schäden keine Forderung stellt (BGE 110 II 344).