Warum es an der Zeit ist, unsere Arbeitswelt neu zu gestalten

In zwei Online-Veranstaltungen von Gryps hat die Expertin Annina Coradi das Konzept «New Work» vertieft. Was braucht es, damit wir wieder motiviert zur Arbeit kommen?

Immer mehr Menschen, vor allem jüngere, stellen sich die Sinnfrage: Welche Arbeit bringt wirklich einen Mehrwert für die Gesellschaft? (Bild: iStockPhoto)

Die Arbeit ist in der Krise. Die Mitarbeitenden ziehen sich ins Homeoffice zurück, sie gehen früh in Rente, sie betreiben sogenanntes «Quiet Quitting» oder sie sind entweder gestresst, genervt, überfordert oder gelangweilt. Gleichzeitig wird die Arbeitswelt immer schneller, diverser, hybrider und durch die Künstliche Intelligenz umgepflügt.

Erhebungen des Bundesamts für Statistik zeigen, dass Ende 2023 mehr als 110’000 Stellen in der Schweiz unbesetzt waren. Vor allem der Dienstleistungssektor hat Probleme, genügend Arbeitskräfte zu finden. Was hilft? Was braucht es, damit die Mitarbeitenden wieder motiviert zur Arbeit kommen?

Im Praxis-Webinar von Gryps und Office Zug gab die Expertin Annina Coradi einen spannenden Einblick ins populäre Konzept «New Work» (die Aufzeichnung anschauen und die Präsentation herunterladen). Eine Woche später vertiefte sie das Thema nochmals in einer Diskussionsrunde mit Gryps-Redaktionsleiter Reto Stauffacher (die Aufzeichnung anschauen und die Präsentation herunterladen).

Das Thema Raum wird unterschätzt

Die Zürcherin Annina Coradi ist Expertin für Innovation, Architektur und Design sowie Gründerin der Innovationsagentur spaceinnovators. Sie sagt: «Im Prinzip ist unser Arbeitsplatz im Zeitalter des Aktenkoffers und damit in den 1990er-Jahren stehen geblieben. Die Mitarbeitenden verkriechen sich auch darum im Homeoffice, weil es sich schlicht nicht  mehr lohnt, ins Büro zu kommen.»

Entscheidend am Arbeitsplatz sei, dass dieser ein Ort ist, an dem Menschen zusammenkommen und sich gegenseitig inspirieren können. «Alleine zuhause kann man durchaus effizient und viel arbeiten», sagt Corradi. «Aber die Unternehmenskultur, Kreativität und soziale Verbindungen werden nur im direkten Austausch gepflegt und gefördert.»

Coradi bringt ein Zitat des inzwischen verstorbenen «New Work»-Vordenkers Frithjof Bergmann. Er sagte in einem seiner letzten Interviews: «Wir haben inzwischen die Technologie entwickelt, die es uns möglich macht, Arbeit völlig anders aufzubauen und zu organisieren als bisher. Arbeit kann jetzt wirklich etwas sein, das den Menschen stärkt, und nicht etwas, das den Menschen schwächt.»

Was hält uns also noch davon ab, diese Gelegenheit zu packen? In ihrer Präsentation skizzierte Coradi fünf Voraussetzungen, welche relevant sind für moderne Arbeitsplätze und Arbeitsformen:

  1. Sinnhaftigkeit: Immer mehr Menschen, vor allem jüngere, stellen sich die Sinnfrage. Arbeit soll identitätsstiftend sein und einen echten Beitrag an die Gesellschaft leisten.

  2. Lernen und Vernetzen: Der Mensch lernt am meisten im sozialen Austausch. Neue Arbeitsformen sollten genügend Möglichkeiten schaffen, damit Menschen zusammenkommen.

  3. Leadership: Zu den wichtigsten Aufgaben von Führungskräften gehört es, sicherzustellen, dass die Mitarbeitenden ihre Fähigkeiten entfalten können. Unternehmen sollten die Organisationsform so anpassen, dass die Menschen Freiräume und Kompetenzen erhalten.

  4. Jüngere Generationen: Die Generation Z drängt auf den Arbeitsmarkt. Diese Generation ist dazu erzogen worden, dass sie mitreden und sich einbringen können. Also sollten wir nicht überrascht sein, sondern sie in unsere Entscheidungsprozesse einbeziehen. Sie sind ausserdem Vertreter der absoluten Flexibilität, das heisst: Sie arbeiten gerne und viel, aber dann, wann sie wollen.

  5. Workspace: Das Thema Raum wird oft unterschätzt, dabei ist es ein Erfolgsfaktor. Menschen gehen gerne zur Arbeit, wenn sie sich am Arbeitsort wohl fühlen, wenn er schön gestaltet ist und inspiriert. Und schon mit wenig Budget lässt sich viel bewirken.
Links oben: Bürowelt in den 1970er-Jahren – jeder Angestellte hat seine Funktion und sein Büro. Links unten: Bürowelt in den 1990er-Jahren – alle an einem Ort, unabhängig von Funktion und Status. Rechts: das moderne Büro am Beispiel von Office Zug – eine Weiterentwicklung beider Welten. (Bilder: zvg)


Das neue Büro

Im Jahr 2024 muss man den Tisch im Prinzip nicht mehr verlassen, für die meisten Jobs reicht ein Laptop und schnelles Internet. Wie sich der Arbeitsplatz seit 1980 grundlegend verändert und digitalisiert hat, veranschaulicht dieses Video. Deshalb, so Corradi, steht nun das aufgabenzentrierte Büro im Zentrum des Interesses: «Der Arbeitsplatz soll ein Ort sein, der konzentrierte Einzelarbeiten, kreative Gruppenarbeiten und den Communitygedanken auch visuell kombiniert.»

Die nachfolgende Aufstellung zeigt vier Elemente von «New Work»: Es betrifft Veränderungen beim Einzelnen, beim Team, in der Organisation und in der Gesellschaft. Ein Unternehmen fängt am besten damit an, einen Teilbereich auszuwählen und zu optimieren. Dann wird es Schritt für Schritt vorwärts gehen.

Können die Mitarbeitenden in Ihrem Unternehmen flexibel arbeiten? Falls ja, ist bereits ein Punkt dieser Check-Liste erfüllt.

Webinar verpasst?

Im Praxis-Webinar führte Annina Coradi die Zuschauerinnen und Zuschauer ins Thema «New Work» ein. Schauen Sie sich jetzt die Aufzeichnung an.

Aufzeichnung anschauen

Sechs Fragen und Antworten aus den beiden Online-Events mit der «New Work»-Expertin Annina Coradi

Frage aus dem Publikum: Wann ist der Moment, bei dem all diese Bemühungen des Arbeitgebers als übertrieben betrachtet werden?

All die Bemühungen um «New Work» können durchaus ins Peinlich-Berührte kippen. Ich sehe zum Beispiel oft, dass den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu wenig zugemutet wird. Unternehmen sollten mutig sein und Vertrauen schenken. Komisch wirkt es auch, wenn die Bemühungen für «New Work» durchschaubar und nicht authentisch sind. Die Kultur und der Arbeitsplatz müssen zum Unternehmen passen. Nicht jeder Raum braucht Rutschbahnen und Gondeln wie Google.

«Der Trend beim Homeoffice ist bei 60/40, also 2 bis 3 Tage pro Woche im Büro. Das bewährt sich aktuell bei vielen Unternehmen.»

Annina Coradi, Gründerin von spaceinnovators

Frage aus dem Publikum: In vielen Firmen gibt es Diskussionen zum Homeoffice. Welchen Anteil an Heimarbeit empfehlen Sie?

Der Trend beim Homeoffice ist bei 60/40, also 2 bis 3 Tage pro Woche im Büro bei einem 100%-Pensum. Das bewährt sich aktuell bei vielen Unternehmen. Ein Grundsatz von «New Work» sind «New Deals», das heisst, man trifft gemeinsam gewisse Abmachungen, an die sich dann alle halten. Beispielsweise ein gemeinsamer Teamtag im Büro.

Frage aus dem Publikum: Empfiehlt es sich für ein KMU mit 14 Mitarbeitenden eher, ein neues Büro einzurichten oder sich in einem trendigen Co-Working-Space einzumieten? Was ist Ihre Empfehlung?

Man muss die Vor- und Nachteile gut abwägen, es gibt kein allgemeingültiges Rezept. Wenn der Teamzusammenhalt bereits gut ist, dann kann ein Co-Working eine tolle und flexible Möglichkeit sein. Im besten Fall findet man sogar einen Space, in dem Unternehmen aus derselben Branche arbeiten. Das fördert den Austausch ungemein.

Frage von Gryps: Was sind moderne Möglichkeiten, um die Arbeit zu organisieren?

Grundsätzlich gilt: Die Organisation sollte so schlank und flach wie möglich sein, weil dann der einzelne Mitarbeitende am besten zur Geltung kommt. Jedes Unternehmen sollte für sich die Frage beantworten: Wie kommen wir am schnellsten zum Ziel? Es ist sicherlich effizienter, wenn Verantwortung an Teams übertragen wird, weil diese viel schneller entscheiden und agieren können, als wenn sie sich an lange Hierarchie-Kaskaden halten müssen. Viele Unternehmen müssen sich ausserdem bewusst sein, dass jeder Zuwachs im Management zulasten jener geht, die operativ tätig sind.

Frage von Gryps: Haben Sie Beispiele, wie man Firmenwerte in einem Raum darstellen kann?

Ein gutes Beispiel ist das Thema Transparenz. Diesen Wert bildet man physisch ab, indem die Arbeitsplätze verschiedener Teams zusammengelegt oder Glasscheiben statt Trennwände installiert werden. Auch wenn die Führungskraft nicht im Einzelbüro sitzt, sondern in einem offenen Raum, hilft das der Transparenz und fördert die Arbeitskultur. Transparenz lässt sich ausserdem auch technologisch abbilden, beispielsweise mit einem grossen Bildschirm, der die aktuellsten und wichtigsten Kennzahlen darstellt. Das zeigt: Beim Konzept «New Work» gehen der Mensch, der Raum und die Technologie Hand in Hand.

Frage aus dem Publikum: Wie schafft man es, Meetings effizient zu gestalten?

Es gibt Meetings, die sind schlicht nicht nötig und es gibt solche, die dauern zu lange. Man sollte sich immer überlegen, was der Zweck eines Meetings ist. Auch hier bietet der Raum spannende Lösungen: Ein Hochtisch, der einen Bildschirm angeschlossen hat, ist die Basis für ein effizientes Meeting. Die Menschen kommen zusammen, besprechen stehend das Thema und gehen wieder.

Grundsätzlich lassen sich die verschiedensten Meetingformen gut mit dem Raum lösen: Es gibt rein informative Meetings. Das kann gut via Nachricht oder Stream erledigt werden. Dann gibt es koordinative Meetings: Wer macht was? Das kann sehr schnell gehen. Dafür braucht es kein Sitzungszimmer. Dann gibt es kreative Meetings, wo es sinnvoll ist, wenn man sich vor Ort in einer kreativen Umgebung trifft. Das zeigt, wie «New Work» funktioniert: Oft steigt man über solche konkreten Fragestellungen in die Raumplanung ein.

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