Konkurse in der Schweiz auf Rekordhoch: So wappnen Sie sich

Welche Auswirkungen hat die Konkursgesetz-Revision auf Schweizer Unternehmen? Und wie hilft die Bonitätsauskunft einem Start-up? Ein Augenschein vor Ort beim Inkasso-Branchenevent CreFORUM in Zürich.

Verfasst von Loris Gregorio

Creditreform-Präsident Raoul Egeli steht auf der Bühne und zeigt eine Folie zu Konkursdaten.
Creditreform-Präsident Raoul Egeli zeigte einen Ausblick auf die Veränderungen in der Schweizer Konkursszene. (Bild: Creditreform/Livia Bass)

Bereits im ersten Halbjahr 2024 gab es Rekorde bei der Anzahl Firmenkonkurse in der Schweiz. Und die Zahl wird wohl noch weiter steigen, sagt Raoul Egeli an einem Branchenevent des Inkasso-Verbands Creditreform. Egeli ist Präsident von Creditreform in der Schweiz und international.

Ein Grund für einen künftigen Anstieg könnte die Revision des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs sein. Ab dem Jahr 2025 verlieren Behörden das Privileg zur Betreibung auf Pfändung. Heisst: Der Staat muss Forderungen künftig auch auf dem Weg der Konkursbetreibung durchsetzen. Bei der Rechtsöffnung behält der Staat allerdings noch Privilegien gegenüber privaten Gläubigern.

Was bedeutet diese Gesetzesrevision für private Gläubiger? Unter Umständen ist sie ein Vorteil. Ab 2025 könnte es für Private klug sein, zu warten, bis eine Behörde den Konkurs beantragt. In diesem Fall wäre die Behörde auch für die Kosten der Konkurseröffnung verantwortlich. Die Frist besteht allerdings auch dann noch, dass ein Unternehmen oder eine Behörde innert 15 Monaten nach Zustellung des Zahlungsbefehls das Konkursbegehren beim Gericht einreichen muss.

Aus dem Publikum kam die Frage an Raoul Egeli auf: «Glauben Sie, dass private Unternehmen in Zukunft keinen Konkurs mehr eröffnen werden und warten, bis es der Staat macht?» Der Inkasso-Experte antwortet: «Ich glaube das nicht, ich weiss es.»

«Zombie-Unternehmen» stehen vor dem Konkurs

Es gibt aber Unternehmen, die wohl schon früher Konkurs eröffnen. Während Corona bekamen viele Firmen Hilfe vom Staat. Die Anzahl der Konkurse ging während dieser Zeit zurück, weil sie sich mit den Covid-Geldern über Wasser halten konnten. Egeli: «Einige kleine KMU müssen noch Covid-Kredite zurückzahlen, darum werden auch noch viele Konkurse auf uns zukommen.»

Hier handelt es sich also um Firmen oder Personen, die mit grosser Wahrscheinlichkeit bereits eine negative Bonität haben. Wenn Unternehmen diesen Schuldnern nun eine Rechnung stellen, besteht das Risiko, dass der Betrag nie bezahlt wird. Die Firmen sind quasi schon jetzt dem Konkurs geweiht, Egeli nennt sie auch «Zombie-Unternehmen».

Hunderttausende Franken eingespart durch Bonitätsprüfung

Durch eine Bonitätsprüfung können Unternehmen dieses Risiko von Zahlungsausfällen vermeiden. Dies erklärt auch Michele Blasucci während seinem Referat am CreFORUM. Blasucci ist CEO und Gründer von Startups.ch. Mit seinem Unternehmen hilft er Jungunternehmerinnen und -unternehmern, eine Firma zu gründen und zu führen.

Anfangs vertraute Blasucci seinen Neukunden – was die Bonität anging – blind und ging Geschäfte mit Gründerinnen und Gründern ein, ohne deren Zahlungsfähigkeit zu prüfen. Die Folgen: Er blieb teils selbst auf den Gründungskosten sitzen, weil seine Kunden die Rechnungen selbst nicht begleichen konnten.

Wie Sie Ihr Unternehmen vor Zahlungsausfällen schützen

Kenne deinen Kunden – dies ist eine der wichtigsten Regeln im Geschäftsalltag. Doch wenn es um die Einschätzung der Bonität geht, genügen Menschenkenntnis und Vertrauen allein nicht.

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Er entschied sich dann für eine Bonitätsprüfung, um solche Situationen in Zukunft zu umgehen. Für ihn hat sich dieser Schritt gelohnt, wie der CEO und Gründer nachrechnet.

Während zehn Jahren hat er so insgesamt über 365’000 Franken eingespart. Im ersten Jahr betrug die Ersparnis pro Jahr noch 10’000 Franken, nach zehn Jahren sind es bereits 50’000 Franken. Er empfiehlt heute deshalb allen Gründerinnen und Gründern, von Anfang an mit einer Bonitätsauskunft zu arbeiten.

Braucht es eine zweite Ombudsstelle?

Am CreFORUM sorgten aber auch aktuelle Themen für Diskussionen. Politische Stimmen fordern derzeit eine Ombudsstelle für Inkassounternehmen. Dieses unabhängige Organ soll Konsumentinnen und Konsumenten über ihre Rechte informieren.

Wie Egeli erklärt, sei dies aber nicht nötig, da es beim Verband Inkasso Suisse bereits eine solche Ombudsstelle gibt. Die Stelle beurteilt «Beschwerden wegen Verletzung des Code of Conduct gegen Mitglieder» des Verbands. Egeli ist Vizepräsident des Verbands Inkasso Suisse, die Ombudsstelle wird jedoch von externen Personen betreut.

Das diesjährige CreFORUM fand unter dem Leitmotiv VUCA statt. Dies steht für volatility (Volatilität), uncertainty (Ungewissheit), complexity (Komplexität) und ambiguity (Mehrdeutigkeit). Der Begriff kommt ursprünglich aus der amerikanischen Armee und wird heute in der Führung von Organisationen oder der Wirtschaftsbildung verwendet. VUCA steht für den Wandel in der Wirtschaft und wie Unternehmen damit umgehen. Seit einigen Jahren sorgt etwa die Digitalisierung für einen solchen Wandel.


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