Firmenkonkurse auf Höchststand

Die Firmenkonkurse haben 2024 ein beunruhigendes Ausmass erreicht. Gläubigerinnen und Gläubiger tun gut daran, die Bonität ihrer Kundschaft stets im Auge zu behalten.

Gastbeitrag von Raoul Egeli, Präsident des Schweizerischen Verbandes Creditreform

Konkursschild am Geschäftseingang
Die Hoffnung, dass Gläubiger auf dem Wege der Konkursbetreibung das Geld zurückerhalten, ist fast gleich null. (Bild: iStockPhoto)

Rund 11’506 Unternehmen sind 2024 in die Insolvenz geschliddert. Dies entspricht einer Zunahme von mehr als 40% im Vergleich zu vor Covid. Das ist ein einsamer Rekord. Es war damit gerechnet worden, dass sich die Zahl der Firmenpleiten auf einem hohen Niveau einpendeln dürfte, aber diese Zunahme überrascht doch. Das lässt sich mit den erwarteten Nachholeffekten aus den Coronajahren alleine nicht mehr erklären.

Die Preissteigerungen, die Folgen der verschiedenen Konflikte und die Flaute in den Nachbarländern wie Deutschland spielen sicher eine Rolle. So sind mehr und mehr auch grosse Unternehmen insolvent, und das trifft natürlich die Lieferanten hart. Hinzu kommt, dass die Konsumenten ebenfalls mit Kostensteigerungen zu kämpfen haben. So steigen die Mieten, die Energiekosten und die Krankenkassenprämien. In der Folge sinkt das frei verfügbare Einkommen, und das drückt natürlich auf die Konsumfreude. Diesen zunehmend vergifteten Cocktail können mehr und mehr Unternehmen nicht mehr verdauen.

Wer die Bonität seiner Kunden nicht im Griff hat, zahlt die Rechnung selbst …

Es sieht ganz danach aus, dass es jetzt auch Firmen treffen könnte, die sich schwertun, die Covid 19 – Kredite zurückzuzahlen. Rund 67'000 Darlehen mit einem Gesamtvolumen von rund vier Milliarden Franken sind ausstehend. Die durchschnittliche Kreditsumme liegt bei 94'000 Franken. Das ist für einen Kleinbetrieb eine beträchtliche Summe. Es muss dann nicht der Covid-19-Kredit sein, der zum Konkurs führt, vielmehr dürfte es eine Kombination verschiedener Faktoren sein: ein schleppender Geschäftsgang, der derzeit gerade den exportorientierten KMU besonders zu schaffen macht, fehlende flüssige Mittel, mangelnde Reserven, vielleicht auch Zahlungsschwierigkeiten der Kundschaft, Dominoeffekte als Folge der Konkurse von grossen Unternehmen und darüber das Damoklesschwert der Kredit-Altlast aus der Pandemie.

Dazu kommt eine steigende Zahl an betrügerischen Konkursen, die vor allem im Baugewerbe um sich greifen. Unternehmer versuchen, sich so aus der Verantwortung zu ziehen. Wer die Bonität seiner Kunden nicht im Griff hat, zahlt die Rechnung selbst …

Eine Betreibung auf Pfändung ist nicht mehr möglich

Mit einem Abebben der Konkurswelle ist bis auf Weiteres nicht zu rechnen. So kommt in diesem Jahr eine neue Herausforderung insbesondere auf Unternehmen zu, über die der Pleitegeier schon kreist. Die öffentlich-rechtlichen Körperschaften müssen nämlich seit Jahresbeginn ihre Forderungen gegenüber Firmen auf dem Weg der Konkursbetreibung durchsetzen. Bisher war eine Betreibung auf Pfändung möglich gewesen. Die Politik hat endlich reagiert und die Privilegierung der öffentlichen Hand unterbunden. So werden Zombieunternehmen nicht länger künstlich am Leben erhalten.

Die Hoffnung aber, dass Gläubiger auf dem Wege der Konkursbetreibung das Geld zurückerhalten, ist fast gleich null, wenn man bedenkt, dass in 98,3 Prozent der Verfahren der Gläubiger leer ausgeht. Die Konkursdividende beträgt maximal drei Prozent. Das ist eine ernüchternde Bilanz, die noch dadurch befeuert wird, dass der Anteil an mangels Aktiven eingestellten Verfahren bei knapp 60 Prozent liegt.

Das Konkursrisiko ist im dritten Jahr nach Gründung am höchsten

Es wäre keine Überraschung, wenn der Pleite-Rekord des Jahres 2024 in diesem Jahr nochmals übertroffen würde. Darunter wird auch das eine oder andere junge Unternehmen zu finden sein. Denn deren Konkursrisiko ist im dritten Jahr ihrer Existenz am höchsten. Seit Jahren werden deutlich mehr Firmen gegründet als aus den Handelsregistern gelöscht werden. 2024 wurden 52'970 neue Firmen gegründet.

Dieser Gründergeist ist grundsätzlich sehr erfreulich, zeigt er doch den Innovationsgeist, der in der Schweizer Wirtschaft herrscht. Und es macht auch Sinn, dass Unternehmen aus dem Markt ausscheiden, deren Geschäftsmodell nicht mehr funktioniert – solange der Platz für Neues, der damit geschaffen wird, auch besetzt wird. Nur ist leider nicht jeder Businessplan solide, und viele machen sich aus der Not heraus selbständig. So wird ein Teil der Neugründungen von heute die Konkurse von morgen ausmachen.

Die derzeit überdurchschnittlich grosse Dynamik hat ihren Preis. Insgesamt summieren sich die Verluste durch Konkurse, Nachlassverträge, Verlustscheine aus Pfändungen und Vergleiche auf geschätzte elf Milliarden Franken. Gläubigerinnen und Gläubiger haben ein sehr wirksames Mittel, um sich zu wappnen: Bonitätsprüfungen vor jedem Geschäftsabschluss und das Monitoring der Bonität während der Kundenbeziehung. Creditreform liefert dank einer breiten Datenbasis auf Mausklick eine entsprechende Entscheidungsbasis für das Festlegen der Kreditlimite.

Raoul Egeli, Präsident Creditreform

Bild von Raoul Egeli

Raoul Egeli, geboren 1968, studierte an der Fachhochschule für Wirtschaft in St. Gallen und ist seit 2008 Präsident des Schweizerischen Verbandes von Creditreform International mit 21 Landesgesellschaften weltweit. Er ist auch Geschäftsführer der Creditreform Egeli Gesellschaften in Basel, Bern, Lugano, St. Gallen und Zürich. Als Vizepräsident engagiert er sich seit 2019 für den Branchenverband Inkasso Suisse. Er leitet die EGELI Treuhand AG und war von 2009 bis 2013 Zentralpräsident von TREUHAND | SUISSE. Zudem ist er Autor mehrerer Fachbücher.
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