Krieg in Europa – Cyberalarm für die Schweizer Wirtschaft?
Der Krieg in der Ukraine nimmt auch im Netz ungewohnte Dimensionen an. Cyberangriffe auf Regierungen und wichtige Infrastrukturen sind an der Tagesordnung. Es ist von einem Cyberkrieg die Rede. Doch ist dadurch auch die Schweiz als wichtiger internationaler Handelsplatz gefährdet? Und müssen sich auch KMU Sorgen machen?
Diese und weitere Fragen unserer KMU-Community haben wir dem Russland-Experten und ehemaligen SRF-Moskau-Korrespondenten Peter Gysling sowie den Cybersecurity-Spezialisten von Dreamlab Technologies, Nick Mayencourt und Mischa Obrecht, gestellt. Dabei herausgekommen ist eine höchst aktuelle Input-Veranstaltung, das erste Online-Event von GRYPS. Wir fassen zusammen:
Kurze Lagebeurteilung: Was bedeutet der Krieg für die Schweizer Wirtschaft?
Dass es Putin sehr ernst war, habe sich schon vor Monaten abgezeichnet, urteilt Peter Gysling. Doch vorbereitet haben wir uns nicht, zu unwirklich schien die Möglichkeit eines Kriegs. Die Situation spitzt sich nun täglich weiter zu. Die USA warnen vor dem Einsatz chemischer und biologischer Waffen. Russland setzt derweil bereits die gefürchteten Streubomben ein. Putin geht es um den Sieg. Er muss den Einsatz und Verlust seiner Soldaten rechtfertigen können und er will verhindern, dass der freiheitliche Geist der Ukrainer und ihr Wille zur Demokratie auf Russland übergreift. Dass er 2008 das Memorandum von Budapest anerkannt und damit die territoriale und politische Souveränität der Ukraine akzeptiert hat, zählt nicht mehr. Deshalb werden auch diplomatische Gespräche kaum eine Lösung erbringen, auf Putins Wort ist kein Verlass.
Eine Umorientierung ist gefragt
Die Schweiz muss sich umorientieren, denn unsere politischen Sonderwege sind kaum noch tragbar. Aber auch Unternehmen stehen in der Verantwortung – und unter Zugzwang. Ausländischen Betrieben, die ihre Tätigkeit in Russland vorerst eingestellt haben, droht die Verstaatlichung, wenn sie den Betrieb nicht bald wieder aufnehmen. Doch auch Banken, das Finanzwesen und die Logistik sehen sich mit neuen Problemen konfrontiert. Es müssen sowohl symbolisch-emotionale als auch praktisch-rationale Entscheidungen gefällt werden. Es gilt, Vorbereitungen zu treffen, nicht zuletzt auch was die Cybersicherheit betrifft.
Die Schweizer Wirtschaft als Target im Cyberkrieg?
Was das Thema wirtschaftliche Innovation und Wachstum angeht, liegt die Schweiz stets weit vorne in globalen Rankings. Das macht unsere Unternehmen natürlich attraktiv für Cyberkriminelle – insbesondere wenn man sich vor Augen führt, dass wir beim Thema Cybersecurity laut Global Cybersecurity Index (GCI) lediglich Platz 42 belegen.
Es droht ein "Cybergeddon"
Cyberkriminalität wird nach der Klimaerwärmung als zweitgrösstes Risiko für die globale Stabilität eingeschätzt. Unsere immer noch zunehmende Abhängigkeit von Daten, Software und Netzwerken erhöht die Bedrohung durch Cyberkriminalität und macht uns auf allen Ebenen angreifbar, als Nation, als Organisation und privat. Lernen wir nicht, proaktive Sicherheitsmassnahmen zu ergreifen, droht ein “Cybergeddon”: Ausspionierte Forschungsdaten, die unsere Innovationskraft zunichte machen, Blackouts, die Kosten in Milliardenhöhe verursachen, oder Angriffe auf das Gesundheitswesen, die mit dem Leben der Menschen spielen, wären einige der möglichen Folgen davon.
Die wichtigsten Dos and Don'ts zum Schutz der Firmen-IT
Oft sind es Kleinigkeiten und unvorsichtiges Handeln, die Cyberkriminellen Tür und Tor öffnen. Diese 10 Cybergebote gehören zu den Basics, die Sie unbedingt umsetzen sollten:
- Geräte aktuell halten und Updates immer sofort ausführen
- Starke Passwörter nutzen und NIEMALS weitergeben (auch nicht per E-Mail oder am Telefon)
- Multifaktorauthentisierung nutzen (SMS, Authenticator App, …)
- Passwörter nicht für mehrere Zwecke wiederverwenden: pro Service ein Passwort
- Für Privates und Geschäftliches separate Arbeitsgeräte nutzen
- Regelmässig Backups durchführen, mehrere Backups offline aufbewahren
- Keine Apps aus inoffiziellen Quellen installieren
- Keine unbekannten Sticks, Kabel etc. mit Geräten verbinden
- Keine unnötigen Applikationen auf den Arbeitsgeräten
- Einen Notfallplan haben – ausgedruckt, auf Papier!
Benötigen Sie Hilfe bei der Umsetzung in Ihrem KMU?
Wo gibt es unabhängige Informationen zu Cybersecurity?
Neben der Webseite vom Nationalen Zentrum für Cybersicherheit der Schweiz, dem NCSC, empfehlen die Experten von Dreamlab diese qualifizierten, journalistischen Quellen:
- GovCERT (Computer Emergency Response Team)
- Security-Portal von heise.de
- KrebsOnSecurity
- Schneier on Security
- Dreamlab Research Blog
Wie schützen Sie Ihr KMU vor Cyberkriminalität?
Unsere Ratgeberartikel zum Thema Cybersecurity für KMU inkl. nützliche Vorlagen und Checklisten zum Download sowie den Link zum vorgestellten Buch «IT-Sicherheit für KMU» haben wir hier für Sie zusammengestellt.
Quellen:
- GRYPS Input-Veranstaltung vom 10. März 2022 (Aufzeichnung und Präsentation, registrierungspflichtig)
- Global Cybersecurity Index 2020
- Global Innovation Index 2020