Drohender Konkurs – das können Sie tun
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Aktualisiert am 10.11.2023
Drohender Konkurs – das können Sie tun
Wenn sich die Anzeichen einer ernsthaften Krise verdichten, müssen Sie rasch reagieren. Vielleicht ist ein Turnaround möglich. Vielleicht bieten die Gläubiger Hand zu einer Sanierung.
Zwar ist bei drohender Insolvenz Ihr Handlungsspielraum eingeschränkt, aber er ist da. Suchen Sie mit einer Fachperson zuerst Möglichkeiten, um das Problem zügig in den Griff zu bekommen, und analysieren Sie danach, wie die Probleme entstanden sind und wie Sie sie in Zukunft vermeiden können.
Sanierung durch Turnaround
Sie haben die finanzielle Krise Ihres Unternehmens erkannt und sich dafür entschieden, das Steuer herumzureissen und einen Turnaround in Angriff zu nehmen. Einen Turnaround durchzuführen, ist kein alltägliches Unterfangen.
Der Sanierungsspezialist prüft zunächst, ob kurzfristige Sofortmassnahmen notwendig sind. Anschliessend analysiert er, wie die jetzige Situation entstanden ist: Welche Ursachen haben mit welcher Wirkung zur Krise geführt? Mit welchen Veränderungen gelingt der Richtungswechsel? Wie wird der Betrieb wieder rentabel? Mit diesen Erkenntnissen können Sie Massnahmen zur Ergebnisverbesserung sowie bilanzielle und finanzielle Massnahmen in Angriff nehmen.
Turnaround-Manager finden
Holen Sie bei Ihrem Branchenverband, bei einer Mitbewerberin Ihres Vertrauens, die die Branche kennt, oder bei Ihrer Bank Empfehlungen für einen Turnaround-Manager ein. Oft verfügen Banken über ein Netzwerk ausgewiesener Fachpersonen. In vielen Fällen sucht die Hausbank bei finanziellen Schwierigkeiten auch von sich aus das Gespräch mit einem kriselnden Unternehmen und verlangt, dass für die Sanierung ein Turnaround-Manager eingeschaltet wird, der für das Unternehmen zunächst eine Turnaround-Analyse erstellt und dann ein Turnaround-Konzept erarbeitet.
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Sind kurzfristige Sofortmassnahmen notwendig?
Am Anfang eines Turnarounds hat immer die Liquiditätssicherung erste Priorität. Sie sind also unter Umständen nicht mehr in der Lage, mit den aktuell zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln alle ausstehenden Verpflichtungen zu begleichen. Zur kurzfristigen Sicherung der Liquidität gibt es zahlreiche wirkungsvolle Sofortmassnahmen – eine Auswahl:
- Führen Sie Kundenanzahlungen ein und veranlassen Sie Ihre Kunden mit Skonti zu raschen Zahlungen.
- Halten Sie Ihre Debitorenbuchhaltung auf dem aktuellsten Stand.
- Führen Sie ein effizientes Mahnwesen ein.
- Verzichten Sie selbst auf Skonti und schieben Sie die Zahlungen so weit wie möglich hinaus.
- Verkaufen Sie Ihre Forderungen an einen Factor (Factoring).
- Reduzieren Sie den Lagerbestand und verfolgen Sie das Ziel, in Zukunft mit einem möglichst geringen Lagerbestand Ihre Geschäftstätigkeit fortzuführen.
- Reichen Sie bei den wichtigsten und langjährigen Lieferanten ein Stundungsgesuch ein. Sie können dazu die Vorlage für eine Stundungsvereinbarung verwenden.
- Veräussern Sie nicht betriebsnotwendige Maschinen – wenn nötig mit Preisabschlägen.
Massnahmen zur Ergebnisverbesserung
Haben Sie kurzfristige Sofortmassnahmen zur Liquiditätssicherung ergriffen, können Sie sich in einem zweiten Schritt um die Ergebnisverbesserung kümmern. Es gibt mehrere wirkungsvolle Massnahmen dafür – eine Auswahl:
- Stellen Sie unrentable Produktlinien ein.
- Senken Sie die Materialkosten.
- Beschleunigen Sie die Durchlaufzeiten von der Warenbeschaffung bis zum Inkasso.
- Reduzieren Sie den Sachaufwand, zum Beispiel Bürofläche, Maschinenunterhalt.
- Führen Sie personelle Massnahmen durch: Entlassungen, Lohnkürzungen, Verbesserungen im Vertrieb, beispielsweise mit einem neuen Verkaufsleiter, und anderes mehr.
- Allenfalls werden vereinzelte Wertschöpfungsschritte kostengünstiger, wenn Sie diese auslagern.
Bilanzielle und finanzielle Sanierungsmassnahmen
In einem dritten Schritt nehmen Sie die bilanziellen und finanziellen Sanierungsmassnahmen in Angriff. Welche Massnahmen Sie treffen können oder allenfalls auch müssen, hängt davon ab, in welchem Verluststadium sich Ihr Unternehmen befindet.
Weist Ihr Unternehmen eine Unterbilanz auf (siehe unten stehende Erklärung), müssen Sie von Gesetzes wegen noch keine zwingenden Massnahmen treffen. Bei einem Kapitalverlust hingegen muss der Verwaltungsrat einer AG unverzüglich eine Generalversammlung einberufen und ihr Sanierungsmassnahmen beantragen.
Diese Sanierungsmassnahmen sind möglich:
- Stille Reserven auflösen
- Grundstücke oder Beteiligungen aufwerten
- Forderungsverzichte oder «à fonds perdu»-Zuschüsse mit Gläubigern vereinbaren
- Offene Reserven verrechnen
- Kapitalherabsetzung durchführen
- Kapitalherabsetzung mit gleichzeitiger Kapitalerhöhung (eine sogenannte «Harmonika») durchführen
- Kapitalerhöhung vornehmen
- Sanierungsfusion nach Art. 6 Fusionsgesetz durchführen
Eine Unterbilanz ohne gesetzliche Folgen besteht, wenn das Vermögen zwar das ganze Fremdkapital und mindestens die Hälfte des Aktienkapitals sowie der gesetzlichen Reserven (das heisst der gesetzlichen Kapitalreserve und gesetzlichen Gewinnreserve) deckt, aber nicht die ganzen Passiven. Anders gesagt, es liegt ein Verlustvortrag vor.
Ein Kapitalverlust gemäss Art. 725 Abs. 1 OR besteht, wenn das Vermögen zwar das Fremdkapital, aber weniger als die Hälfte des Aktienkapitals und der gesetzlichen Reserven deckt.
Besteht die Besorgnis einer Überschuldung, müssen Sie von Gesetzes wegen eine Zwischenbilanz erstellen, die ein zugelassener Revisor prüft. Ist aus der Zwischenbilanz ersichtlich, dass die Forderungen der Gläubiger weder zu Fortführungs- noch zu Veräusserungswerten gedeckt sind, muss der Verwaltungsrat (bei einer AG) oder die Geschäftsführung (bei einer GmbH) das Gericht benachrichtigen. Dies sofern keine Gläubiger im Ausmass dieser Unterdeckung im Rang hinter alle anderen Gläubiger zurückgetreten sind.
Mit anderen Worten: Sie können auf den Gang zum Richter verzichten, wenn Sie genügend Gläubiger zu Rangrücktritten bewegen konnten, die unwiderruflich, unbefristet und auch für den Fall der Insolvenz sowie der Liquidation ausgesprochen werden. Rangrücktritte können auch von Aktionären (bei einer AG) oder Gesellschaftern (bei einer GmbH) kommen. Schliessen Sie Rangrücktrittsvereinbarungen aus Beweisgründen schriftlich ab, Sie können dafür folgende Vorlage verwenden:
Rangrücktritte sind Teil des Sanierungskonzepts, sie beseitigen aber weder die Überschuldung noch stärken sie die Liquidität. Heben Sie die Rangrückritte erst wieder auf, wenn feststeht, dass Ihr Unternehmen die Überschuldung überwunden hat.
Wenn das Vermögen das Fremdkapital nicht mehr vollständig deckt, liegt eine Überschuldung gemäss Art. 725 Abs. 2 OR vor.
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Richtige Kommunikation beim Turnaround
Es ist wichtig, dass Sie frühzeitig über den Turnaround informieren und nicht abwarten, bis die Angestellten und Geschäftspartner beginnen, Spekulationen anzustellen. Kommunizieren Sie die Sanierungsmassnahmen immer zuerst Ihren Mitarbeitenden. Je ehrlicher Sie die Lage und das weitere Vorgehen schildern, desto grösser ist die Chance, dass Ihre Mitarbeitenden Sie bei der schwierigen Aufgabe unterstützen und aktiv zum Turnaround beitragen.
Machen Sie darauf aufmerksam, dass ein Turnaround ein bis zwei Jahre dauern kann. Informieren Sie auch während der Umsetzung der Massnahmen in regelmässigen Abständen.
Neben den Mitarbeitenden müssen Sie auch Ihre Geschäftspartner informieren:
- Es ist enorm wichtig, dass Sie Ihre Hausbank so früh wie möglich mit ins Boot holen und Problemfelder ansprechen. Oft weiss die Bank selbst schon sehr früh von Ihren finanziellen Schwierigkeiten, da sie Einblick in Ihre Konten und Kredite hat, und rät, einen Turnaround-Manager beizuziehen. Kommunizieren Sie offen und ehrlich mit Ihrem Kundenberater – nur so besteht Hoffnung, dass die Bank Sie auch in Krisenzeiten unterstützt und Ihnen nicht zusätzlich das Leben schwer macht.
- Wenn Sie ein bestimmtes Produkt oder eine Dienstleistung einstellen, müssen Sie Ihre Kunden mit einer plausiblen Begründung informieren.
- Informieren Sie auch Ihre Lieferanten. Seien Sie jedoch zurückhaltend und informieren Sie nur die Hauptlieferanten, die ein Interesse daran haben, dass Ihr Unternehmen sich wieder erholt. Wenn zu viele Informationen nach aussen getragen werden, riskieren Sie einen Lieferstopp oder unvorteilhafte Konditionen.
Aussergerichtliche Schuldensanierung
Die Einigung mit den Gläubigern im Rahmen einer aussergerichtlichen Schuldensanierung ist eine vorteilhafte Alternative zur Sanierung mithilfe des Gerichts oder zum Konkursverfahren. Suchen Sie das Gespräch mit den Gläubigern und bitten sie, Ihnen die Forderungen zu stunden – also die Rückzahlung hinauszuschieben – oder auf einen Teil davon zu verzichten.
Sind alle Gläubiger einverstanden, schliessen Sie einen aussergerichtlichen Nachlassvertrag ab. Ist ein Gläubiger nicht einverstanden, kann er durch Betreibung erreichen, dass Sie gepfändet werden respektive dass Ihr Unternehmen in Konkurs fällt. Die aussergerichtliche Schuldensanierung ist deutlich flexibler und auch günstiger als ein gerichtliches Nachlassverfahren. Sie kann aber keinem Gläubiger aufgezwungen werden. Als Schuldnerin müssen Sie über regelmässige Einnahmen verfügen, damit Sie sich an die vereinbarten Raten halten und die gestundeten Forderungen vollständig zurückzahlen können.
Sanierung mithilfe des Gerichts
Ist eine aussergerichtliche Schuldensanierung nicht möglich oder gescheitert, weil nicht alle Gläubiger mitmachen wollten? Mit der einvernehmlichen privaten Schuldenbereinigung und dem Nachlassverfahren gemäss SchKG gibt es noch zwei weitere Möglichkeiten, um mit den Gläubigern ins Reine zu kommen und den Konkurs abzuwenden.
Einvernehmliche private Schuldenbereinigung
Die einvernehmliche private Schuldensanierung steht Ihnen als Schuldnerin nur zur Verfügung, wenn Sie nicht der Konkursbetreibung unterliegen. Das ist beispielsweise der Fall, wenn Sie als Inhaberin einer Einzelfirma oder als Mitglied einer Kollektivgesellschaft nicht im Handelsregister eingetragen sind.
Das Gericht – nicht die Gläubiger, die müssen damit nicht einverstanden sein – gewährt Ihnen bei der einvernehmlichen privaten Schuldenbereinigung eine Stundung und setzt eine Sachwalterin ein. Diese versucht, einen aussergerichtlichen Nachlassvertrag auszuhandeln, mit dem alle Gläubiger einverstanden sind.
Nachlassverfahren gemäss SchKG
Anders als bei der einvernehmlichen privaten Schuldenbereinigung ist das gerichtliche Nachlassverfahren gemäss SchKG (Schuldbetreibungs- und Konkursgesetz) sowohl für natürliche als auch für juristische Personen möglich, unabhängig davon, ob sie der Betreibung auf Pfändung oder auf Konkurs unterliegen. Auch hier gewährt Ihnen das Gericht eine Stundung und die Sachwalterin arbeitet einen Nachlassvertrag aus, der vom Richter genehmigt werden muss. Die Genehmigung wird in der Regel erteilt, wenn eine Mehrheit der Gläubiger dem Nachlassvertrag zustimmt. Der Vorteil des gerichtlichen Nachlassverfahrens ist, dass sich alle Gläubiger daran beteiligen müssen, wenn die Mehrheit der Gläubiger diesem zustimmt.
Autor/-innen und Expert/-innen: Sabrina Frei, Hans Schoch