Mehrwertsteuer in der Schweiz – ein Überblick
Aktualisiert am 08.01.2024
Das müssen Gründer über die Mehrwertsteuer wissen
Unternehmen in der Schweiz sind grundsätzlich zur Abgabe der Mehrwertsteuer verpflichtet – unabhängig von ihrer Rechtsform. Bei der Mehrwertsteuer, abgekürzt MWST, handelt es sich um eine indirekte Steuer, die vom Bund erhoben wird. Sie ist neben der direkten Bundessteuer mit rund 30 Prozent die wichtigste Einnahmequelle des Staates.
Ein Unternehmen ist in der Schweiz MWST-pflichtig, sobald es einen Jahresumsatz von 100‘000 Franken (im In- und Ausland) erzielt. Ist der Umsatz Ihres Unternehmens tiefer, können Sie sich freiwillig der Mehrwertsteuer unterstellen.
MWST-Sätze in der Schweiz
Die Mehrwertsteuer wird vom Bund auf allen Konsumgütern sowie Dienstleistungen erhoben. Aktuell gelten diese MWST-Sätze in der Schweiz:
- Normalsatz: 8,1 Prozent für Güter und Dienstleistungen
Gilt zum Beispiel für Restaurantbesuche, Coiffeur-Dienstleistungen, Benzin, Kauf von Fahrzeugen, Maschinen, Mobiliar - Sondersatz: 3,8 Prozent für Beherbergungen inklusive Frühstück
Gilt insbesondere für Hotellerie und Parahotellerie - Reduzierter Satz: 2,6 Prozent für Güter des täglichen Bedarfs
Gilt hauptsächlich für Lebensmittel und alkoholfreie Getränke, Bücher, Zeitungen und Zeitschriften, Radio- und Fernsehgebühren, Medikamente, Pflanzen, Getreide sowie Eintritte bei Sport- und Kulturveranstaltungen
Gewisse Berufsgattungen und deren Dienstleistungen aus dem landwirtschaftlichen Sektor sind von der Mehrwertsteuerpflicht ausgenommen. Darunter fallen:
- Viehhändler für die Umsätze von Vieh
- Landwirte, Forstwirte und Gärtner für die Lieferung der im eigenen Betrieb gewonnenen Erzeugnisse
- Milchsammelstellen für die Umsätze von Milch an Milchverarbeiter
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Umsatzsteuer, Vorsteuer – so funktioniert die MWST
Aus praktischen Gründen wird die Mehrwertsteuer nicht direkt bei den Konsumentinnen und Konsumenten erhoben, sondern indirekt über die Produzenten, Dienstleistungserbringerinnen und Händler. Die Unternehmen rechnen in ihrem Verkaufspreis die MWST ein und führen diese an die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) ab. Von der MWST-Schuld können sie die Vorsteuer abziehen, also die Mehrwertsteuer, die sie selber auf Waren und Dienstleistungen bezahlt haben (siehe Tabelle).
Vorsteuerabzug
Meist durchläuft ein Produkt in der Wertschöpfungskette mehrere Stationen – vom Rohmaterial bis zum Fertigprodukt –, und auf jeder Stufe fällt Mehrwertsteuer an. Sie als Unternehmerin oder Unternehmer dürfen aber die Vorsteuer, also die MWST-Beträge, die Sie den Lieferantinnen und Dienstleistungserbringern bezahlt haben, von Ihrer Umsatzsteuer abziehen. Als Umsatzsteuer wird die Mehrwertsteuer bezeichnet, die Sie auf Ihren Umsätzen erheben.
Das Gesetz spricht im Übrigen nicht von Waren, sondern von Gegenständen. Das können bewegliche und unbewegliche Sachen sein – etwa eine gekaufte Maschine, ein geleastes Fahrzeug, aber auch Gas, Wärme oder Elektrizität.
So funktioniert die Mehrwertsteuer | ||||
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Verkaufspreis inklusive MWST | Umsatzsteuer | Vorsteuer | Abzuliefernde MWST | |
Textilfabrik verkauft Stoff an Kleiderfabrik | Fr. 10'000 + Fr. 810 Fr. 10‘810 | Fr. 810 | – | Fr. 810 |
Kleiderfabrik verarbeitet Stoff, verkauft Kleider an Boutique | Fr. 30'000 + Fr. 2'430 32‘430 | Fr. 2'430 | Fr. 810 | Fr. 2'430 – Fr. 810 Fr. 1'620 |
Boutique verkauft Kleider an Kundinnen | Fr. 70‘000 + Fr. 5'670 Fr. 75'670 | Fr. 5'670 | Fr. 2'430 | Fr. 5‘670 – Fr. 2'430 Fr. 3'240 |
Von Kundinnen bezahlte und von den Unternehmen insgesamt abgelieferte Mehrwertsteuer | Fr. 5'670 |
Effektive Methode oder Saldosteuersatz?
Standard bei der Mehrwertsteuer ist die effektive Methode: Das Unternehmen überweist die MWST, die es den Kundinnen und Kunden verrechnet hat, an die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV), darf davon aber die Vorsteuer aus den Rechnungen der Lieferanten und Dienstleistern abziehen. Das alles bedeutet viel administrativen Aufwand: Sie müssen die unterschiedlichen Steuersätze berücksichtigen, die Vorsteuer aus den Lieferantenrechnungen herausrechnen – und das alle drei Monate.
Vor allem kleinere KMU rechnen deshalb oft nach der Saldosteuersatzmethode ab. Dabei erhält man von der ESTV einen fixen Satz zugewiesen, der je nach Branche unterschiedlich hoch ist und in dem der durchschnittliche Vorsteuerabzug bereits berücksichtigt ist. Die geschuldete MWST ergibt sich dann einfach aus der Multiplikation des Umsatzes mit diesem Satz; in den Kundenrechnungen wird aber der normale MWST-Satz ausgewiesen.
Vereinbarte und vereinnahmte Entgelte – der Unterschied
Bei der Mehrwertsteuer gibt es zwei Arten der Abrechnung: nach vereinbarten Entgelten und nach vereinnahmten Entgelten. Hier die Unterschiede.
Abrechnung nach vereinbarten Entgelten
Bei dieser Abrechnungsart wird die Mehrwertsteuer zum Zeitpunkt der Rechnungsstellung fällig. Die Umsätze sind in der MWST-Abrechnungsperiode zu deklarieren, in der die Rechnung gestellt wurde. Ihre Vorsteuern können Sie in der Abrechnungsperiode geltend machen, in der Sie die Rechnung der Lieferanten erhalten.
Die Abrechnung nach vereinbarten Entgelten wird von der Steuerverwaltung als Standardmethode verwendet. Sie ist aber recht komplex und empfiehlt sich nur, wenn Sie über eine professionell geführte Buchhaltung (Haupt- und Nebenbuch) verfügen. Denn in der Praxis stimmen der Rechnungsbetrag und die effektive Zahlung oft nicht überein, etwa wenn ein Kunde Skonto abzieht, eine Kundin Ware zurückschickt oder die Rechnung nicht bezahlt. Das führt zu nachträglichen Korrekturen Ihrer Steuerabrechnung.
Abrechnung nach vereinnahmten Entgelten
Dies ist die einfachere Methode: Bei der Abrechnung nach vereinnahmten Entgelten wird die Mehrwertsteuer in der Abrechnungsperiode fällig, in der die Zahlung der Rechnung eingegangen ist; die Vorsteuer kann man abziehen, wenn die Lieferantenrechnung bezahlt wird. Für kleinere Firmen und vor allem für solche, die bloss eine einfache Buchhaltung führen, ist dies der richtige Weg, denn ein Blick aufs Bankkonto genügt, um die Mehrwertsteuerabrechnung zu erstellen. Auch kommt es nicht zu nachträglichen Korrekturen. Der Nachteil besteht darin, dass Sie keine tagesaktuellen Zahlen erhalten. Möchten Sie nach vereinnahmten Entgelten abrechnen, brauchen Sie eine Bewilligung der eidgenössischen Steuerverwaltung. Das Formular finden Sie auf der Website.
Mehrwertsteuer anmelden – so geht's
Als Schweizer KMU gehen Sie bei der Anmeldung für die Mehrwertsteuer am besten so vor:
- Prüfen Sie, ob Ihr Unternehmen mehrwertsteuerpflichtig ist.
- Nach Beginn der Steuerpflicht müssen Sie sich innert 30 Tagen unaufgefordert bei der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) anmelden.
- Legen Sie fest, ob Sie nach effektiver oder nach Saldosteuersatzmethode und aufgrund der vereinbarten oder der vereinnahmten Entgelte abrechnen wollen.
- Nutzen Sie für die Anmeldung das Online-Portal der ESTV.
Ist Ihnen die ganze Abrechnerei zu viel? Dann lagern Sie die MWST-Abrechnung an eine Treuhänderin aus. Haben Sie Ihre Buchhaltung ohnehin schon ausgelagert, ist die MWST-Abrechnung oft Teil des Angebots. Über die Gryps-Anbietersuche unterstützen wir Sie kostenlos bei der Suche nach drei passenden Anbietern.
Freiwillige Anmeldung bei der MWST für Start-ups
Auch wenn Ihr Unternehmen nach der Firmengründung den Jahresumsatz von 100‘000 Franken noch nicht erreicht, können Sie es freiwillig für die Mehrwertsteuer anmelden – unabhängig von der Rechtsform. Das kann durchaus sinnvoll sein:
- Sie erzielen als Start-up noch geringe Umsätze, haben aber grössere Investitionen und möchten den Vorsteuerabzug nutzen. Unter Umständen erhalten Sie dabei sogar Geld zurück.
- Sie sind Zulieferer oder Dienstleister für mehrwertsteuerpflichtige Unternehmen. Diese wollen ihrerseits die Vorsteuer abziehen können.
- Ihr Unternehmen exportiert grösstenteils ins Ausland. Obwohl auf Exporten keine MWST verrechnet werden muss, können Sie trotzdem die bezahlten Vorsteuern abziehen, wenn Ihr Unternehmen im Mehrwertsteuerregister eingetragen ist.
- Unterstellen Sie Ihr Unternehmen nicht der MWST, sehen potenzielle Kundinnen und Kunden sofort, dass Sie über einen Jahresumsatz von weniger als 100’000 Franken verfügen.
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MWST Schweiz – Online-Abrechnung ist Standard
2020 wurde die MWST-Abrechnung in der Schweiz von Papier auf online umgestellt. Sie rechnen also über SuisseTax, die Online-Plattform der Eidgenössischen Steuerverwaltung, ab. Ein Papierformular erhalten Sie nur noch auf schriftliches Gesuch hin. Die ESTV SuisseTax bietet diese Vorteile:
- Die Einreichung der MWST-Abrechnung ist jederzeit möglich.
- Sie können online Fristverlängerungen beantragen.
- Abrechnungen lassen sich nachträglich korrigieren.
- In der Abrechnungshistorie können Sie Ihre bisherigen Abrechnungen jederzeit einsehen.
Mit der MWST-Abrechnung easy benötigen Sie keinen eigenen Account bei der ESTV, sondern wählen sich jeweils mit Ihrer Mobiltelefonnummer ein. Zudem ist es einfacher, die Mehrwertsteuerabrechnung Ihrem Steuerberater zu übergeben.
MWST-Kontrolle – so sind Sie vorbereitet
Bei der Mehrwertsteuer handelt es sich um eine sogenannte Selbstveranlagungssteuer. Das heisst, dass Sie selber die Verantwortung für die korrekte MWST-Abrechnung Ihres Unternehmens tragen. Die ESTV führt deshalb immer wieder MWST-Kontrollen durch. Diese Kontrollen beziehen sich jeweils auf die letzten fünf Jahre.
Für die Kontrolle wird der zuständige Revisor mit Ihnen Kontakt aufnehmen und einen Termin vereinbaren. Dieser findet an Ihrer Domiziladresse und zu den üblichen Geschäftszeiten statt. Eine gute Vorbereitung lohnt sich. Legen Sie im Vorfeld, falls vorhanden, neben den verlangten Unterlagen auch diese Akten bereit:
- Buchhaltung (mit Belegen) und Jahresabschlüsse
- Grundbuchauszüge
- Kreditorenrechnungen
- Doppel der Debitorenfakturen
- Jahresendlisten über Debitoren, Kreditoren, Wareninventare, angefangene Arbeiten
- Lohnbücher
- Einfuhr- und Ausfuhrdokumente
- Kauf- und Leasingverträge etc.
- Unterlagen zu verbuchten Privatanteilen
- Doppel der Mehrwertsteuerabrechnungen mit Details
Wann bezahle ich keine Mehrwertsteuer mehr?
Sie beenden die unternehmerische Tätigkeit
Für inländische Unternehmen endet die Steuerpflicht mit dem Ende der unternehmerischen Tätigkeit oder – bei einer Vermögensliquidation – mit dem Abschluss des Liquidationsverfahrens. Die Steuerpflicht ausländischer Unternehmen verfällt am Ende des Kalenderjahrs, in dem letztmals eine Leistung im Inland erbracht wurde, wenn mit höchster Wahrscheinlichkeit davon auszugehen ist, dass keine weiteren Inlandleistungen folgen werden. In beiden Situationen müssen Sie als steuerpflichtige Person sich innert 30 Tagen bei der ESTV schriftlich abmelden.
Ihr Unternehmen erreicht die Umsatzgrenze der MWST nicht mehr
Unterschreitet der Umsatz Ihrer Firma die Umsatzgrenze von 100’000 Franken und erreichen Sie den massgebenden Umsatz vermutlich auch in der folgenden Steuerperiode nicht mehr, können Sie sich von der Steuerpflicht befreien und Ihr Unternehmen aus dem MWST-Register löschen lassen. Die Abmeldung ist frühestens auf das Ende der Steuerperiode möglich, in der Ihr Unternehmen den massgebenden Umsatz erstmals nicht mehr erreicht hat. Sie müssen die Abmeldung innert 60 Tagen nach Ende der Steuerperiode einreichen. Melden Sie Ihr Unternehmen nicht ab, gilt dies als Verzicht auf die Befreiung von der Steuerpflicht.
- Mehr Informationen über die Mehrwertsteuer in der Schweiz erfahren Sie in unserem KMU-Praxisratgeber unter «So haben Sie die Mehrwertsteuer im Griff».
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- Informationen der ESTV: So funktioniert die Mehrwertsteuer
Autorin: Käthi Zeugin