Einzelfirma gründen in der Schweiz
Aktualisiert am 29.08.2022
Einzelfirma – die beliebteste Rechtsform in der Schweiz
Die Gründung einer Einzelfirma ist unkompliziert und braucht nicht viel Aufwand. An sich können Sie morgen mit der Arbeit anfangen, einen Namen suchen und sich als Einzelfirma bezeichnen. Trotzdem gibt es einige Stolpersteine, die später Probleme verursachen können. Hier erfahren Sie, worauf Sie achten müssen, wenn Sie eine Einzelfirma in der Schweiz gründen wollen.
Die Einzelfirma ist in der Schweiz beliebt. Gut 60 Prozent der Gründer und Gründerinnen wählen diese Rechtsform (siehe Infografik). Auch wenn Sie sich als Freiberufler oder Freelancerin selbstständig machen, als Anwältin, Arzt oder Architektin, gründen Sie eine Einzelfirma und sind deren Inhaber oder Inhaberin.
Einzelfirma gründen – Checkliste
Diese Checkliste führt Sie durch die Gründung Ihrer Einzelfirma und hilft Ihnen, Probleme zu vermeiden:
- Firmennamen bestimmen: Der Familienname des Inhabers oder der Inhaberin muss im Firmennamen enthalten sein. Zudem müssen Sie beim kantonalen Handelsregisteramt abklären, ob nicht schon eine Firma mit demselben Namen existiert. Am besten geben Sie dafür im zentralen Firmenregister Zefix den gewünschten Namen ein. Gibt es bereits eine Firma mit diesem Namen, wird Ihnen diese angezeigt.
- Eintrag ins Handelsregister: Der Eintrag ins Handelsregister ist für Einzelunternehmen erst ab einem Jahresumsatz von 100’000 Franken obligatorisch. Es kann sich aber durchaus lohnen, eine Einzelfirma bereits vorher eintragen zu lassen.
- Mehrwertsteuer abklären: Eine Einzelfirma ist mehrwertsteuerpflichtig, wenn der voraussichtliche Jahresumsatz 100’000 CHF übersteigt. Sie können Ihr Unternehmen auch mit tieferen Umsätzen freiwillig der Mehrwertsteuer unterstellen. Das kann gerade in der Gründungsphase Vorteile bringen.
- Anmeldung bei der AHV: Die AHV-Ausgleichskasse überprüft nach Ihrer Anmeldung, ob es sich bei Ihrer Tätigkeit tatsächlich um eine berufliche Selbstständigkeit handelt. Die Kriterien der AHV finden Sie in der unten stehenden Checkliste.
- Obligatorische Versicherungen abschliessen: Obligatorisch sind insbesondere die Sozialversicherungen für Ihr Personal, also AHV / IV, ALV, UVG und BVG. Gilt in Ihrer Branche ein allgemeingültiger GAV, schreibt dieser oft auch eine Krankentaggeldversicherung vor. In gewissen Branchen, etwa für Anwälte oder Notarinnen, ist auch eine Berufshaftpflichtversicherung vorgeschrieben. Ist das Firmengebäude Ihr Eigentum, benötigen Sie in den meisten Kantonen eine Gebäudeversicherung. Und bevor Sie nicht eine Motorfahrzeughaftpflichtversicherung abgeschlossen haben, darf keines Ihrer Firmenfahrzeuge auf die Strasse. Viele andere Versicherungen – Cyberversicherung, Transportversicherung und mehr – sind fakultativ, aber je nach Branche sehr zu empfehlen. Mehr Informationen zum Thema Versicherungen finden Sie unter «Risikoanalyse, Versicherungen, Vorsorge».
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Vor- und Nachteile einer Einzelfirma in der Schweiz
Entscheiden Sie sich für eine Einzelfirma, haben Sie ein Maximum an Freiheiten – Sie tragen aber gleichzeitig eine grössere finanzielle Verantwortung. Hier die Vor- und Nachteile:
Vorteile:
- Sie brauchen kein Mindestkapital.
- Sie können Kapital aus der 2. Säule oder der Säule 3a für Ihre Firmengründung einsetzen.
- Sie können Ihre unternehmerische Tätigkeit sofort aufnehmen.
- Die Gründung einer Einzelfirma ist ohne Handelsregistereintrag möglich. Denn gesetzlich vorgeschrieben ist der Eintrag ins Handelsregister – und damit die ordentliche Buchführung – erst ab 100’000 Franken Umsatz.
- Es gibt keine Formalitäten für die Gründung und nur wenig Gebühren (ausser allenfalls für den Handelsregistereintrag).
- Sie geniessen volle unternehmerische Freiheit.
- Der Verwaltungsaufwand ist viel tiefer als bei einer AG oder GmbH.
- Anders als bei einer AG oder GmbH gibt es keine steuerliche Doppelbelastung.
- Eine Liquidation der Einzelfirma ist problemlos möglich, ebenso die Umwandlung in eine Kapitalgesellschaft.
Nachteile:
- Als Inhaberin oder Inhaber haften Sie mit Ihrem gesamten Vermögen – auch dem privaten – für die Verbindlichkeiten der Firma.
- Der Firmenname ist nicht frei wählbar, Ihr Familienname muss darin enthalten sein.
- Für im Handelsregister eingetragene Einzelfirmen gelten Bilanzierungsvorschriften – diese sind jedoch weniger streng als bei einer AG oder GmbH.
- Geschäfts- und Privateinkommen sowie Geschäfts- und Privatvermögen werden zusammen versteuert.
- Als Inhaber oder Inhaberin tragen Sie aufgrund der uneingeschränkten Haftung eine grosse finanzielle Verantwortung.
- Sie können sich selber nicht gegen Arbeitslosigkeit versichern.
- Eine Beteiligung Dritter ist bei einer Einzelfirma nicht möglich.
- Die Einzelfirma an einen Nachfolger zu übergeben, ist komplizierter als bei der GmbH oder AG.
Unbedingt die eigene Vorsorge sichern
Auch mit einer Einzelfirma müssen Sie Ihre Mitarbeitenden bei den Sozialversicherungen anmelden und sie bei der AHV / IV / EO, einer Familienausgleichskasse, in der beruflichen Vorsorge, gegen Unfall und Arbeitslosigkeit versichern. Für Sie selber ist aber nur die Versicherung bei AHV / IV / EO und der Anschluss an eine Familienausgleichskasse obligatorisch. Für den Rest Ihrer Vorsorge und für die Versicherung von Invalidität und Todesfall müssen Sie selber sorgen. Mehr dazu lesen Sie in «Vorsorge und Versicherung für Selbstständige».
Einzelfirma gründen – die Kosten
Um eine Einzelfirma zu gründen, braucht es, anders als bei einer GmbH oder AG, kein Mindestkapital. Die Gründungskosten liegen im Schnitt zwischen 700 und 1’000 Franken. Kosten entstehen unter anderem auch in diesen Bereichen:
- Treuhänder oder Treuhänderin für Abklärungen, Unterstützung bei der Gründung
- Handelsregistereintrag (ab einem Umsatz von 100’000 Franken)
Handelsregistereintrag für die Einzelfirma
Der Eintrag ins Handelsregister ist dann notwendig, wenn Ihre Einzelfirma einen Umsatz von mehr als 100’000 Franken erzielt. Ein Handelsregistereintrag empfiehlt sich aber oft schon vorher; dies sind die Vorteile:
- Vertrauen und Seriosität: Der Eintrag schafft Vertrauen und unterstreicht die Seriosität, da Sie Informationen zu Ihrem Unternehmen für jedermann zugänglich machen. Auch zeugt ein Eintrag von einer gewissen Solidität. Ist Ihre Firma nicht im Handelsregister eingetragen, kann es deshalb vorkommen, dass eine Geschäftspartnerin nur gegen Vorauskasse liefert.
- Schutz des Firmennamens: Ihr Firmenname ist durch den Eintrag im Handelsregister geschützt. Anders als bei AG und GmbH gilt dieser Schutz nicht schweizweit, sondern für die Standortgemeinde Ihres Unternehmens samt Agglomeration.
- Vertragsabschluss über Ihre Firma: Verträge können im Namen Ihres Unternehmens abgeschlossen werden; Sie können auch weitere Zeichnungsberechtigte hinzuziehen. Ohne Eintrag laufen Verträge gewöhnlich nur über die Privatperson, das heisst über Sie als Inhaber oder Inhaberin.
- UID-Nummer: Mit dem Eintrag ins Handelsregister wird Ihrer Firma automatisch eine UID-Nummer zugeteilt. Ist Ihre Firma international tätig und importiert oder exportiert Waren aus bzw. ins Ausland, wird eine solche UID-Nummer oft von den Handelsplattformen, Lieferantinnen oder Lieferanten verlangt.
- Korrekte Abrechnung von AHV und Steuern: Mit einem Handelsregistereintrag wird Ihre Firma automatisch erfasst, wodurch die AHV sich für die Abrechnung der Sozialversicherungsbeiträge direkt bei Ihnen meldet. Die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) wird wegen der MWST-Abrechnung auf Sie zukommen. Ohne Handelsregistereintrag haben Sie mehr Aufwand, da Sie sich selber bei der AHV und der ESTV melden müssen, damit Ihre Firma erfasst wird.
Der freiwillige Eintrag ins Handelsregister kann aber auch Nachteile mit sich bringen. Dazu gehören die Kosten des Handelsregistereintrags sowie die Tatsache, dass im Handelsregister eingetragenen Unternehmen der Betreibung auf Konkurs unterliegen. Und schliesslich müssen Sie für die Eintragung einen sinnvollen Zweck Ihres Unternehmens definieren, was je nach Branche zu einem längeren Entscheidungsprozess führen kann.
Einzelfirma und Steuern
Wenn Sie eine Einzelfirma führen, wird nicht Ihr Unternehmen besteuert, sondern Sie als Privatperson. Den Unternehmensgewinn müssen Sie also in der privaten Steuererklärung angeben und mit dem privaten Steuersatz versteuern. Dasselbe gilt für das Firmenkapital, das zum Privatvermögen geschlagen wird.
Die Abrechnung der Mehrwertsteuer ist ab einem voraussichtlichen Jahresumsatz von 100’000 Franken obligatorisch. Es kann aber sinnvoll sein, sich bereits vorher freiwillig der Mehrwertsteuerpflicht zu unterziehen, beispielsweise wenn Ihre Firma als Zulieferin oder Dienstleisterin für mehrwertsteuerpflichtige Unternehmen tätig ist. Zudem kann Ihr Start-up die Vorsteuern auf den oft hohen Anfangsinvestitionen geltend machen. Gut möglich, dass diese höher sind als die geschuldete Mehrwertsteuer. Dann erhalten Sie eine Steuergutschrift.
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Einzelfirma in eine GmbH oder AG umwandeln
Eine Einzelfirma lässt sich später ohne viel Aufwand in eine AG oder GmbH umwandeln bzw. überführen. Dieser Entscheid steht etwa dann an, wenn Ihre Firma wächst, die Aufträge zunehmen und immer mehr Mitarbeitende eingestellt werden. Der optimale Zeitpunkt für einen Wechsel der Rechtsform ist der Jahresanfang. Beim Übergang einer bestehenden Einzelfirma in eine GmbH oder AG sind einige Aufgaben zu erledigen:
- Rechtsform und Firmennamen wählen
- Kontoauszüge per Übernahmedatum organisieren
- Revisionsstelle wählen und Prüfungsbestätigung eines Revisors einholen
- Stammkapital oder Aktienkapital festlegen
- Statuten für die neue Firma erstellen
- Versicherungen, Sozialversicherungen und Bankkonten überprüfen und wenn nötig anpassen
- Mehrwertsteuer anmelden oder die Änderung bekannt geben
- Firma neu im Handelsregister eintragen oder die Änderung bekannt geben
Häufige Fehler bei der Gründung einer Einzelfirma
Eine Einzelfirma ist schnell und einfach gegründet, jedoch zeigen sich anschliessend immer wieder Fehler, die mit erheblichen Kosten verbunden sein können. Achten Sie bei der Gründung auf diese Stolpersteine:
Fehler 1: Logo, Briefpapier und Webauftritt vor dem Handelsregistereintrag entwerfen
Nutzen Sie den Firmennamen erst, wenn alle notwendigen Abklärungen gemacht und alle nötigen Firmen- und Markenrechte erworben wurden – sonst müssen Sie Ihre Briefschaften, Visitenkarten und Ihren Webauftritt allenfalls neu gestalten, was mit Zusatzausgaben verbunden ist.
Fehler 2: Einzelfirma nicht im Handelsregister eintragen, um Geld zu sparen
Bei der Akquise von Neukundinnen und Neukunden, kann Ihnen ein Eintrag viel nützen, denn er schafft Vertrauen und kann ausschlaggebend für eine langjährige Kundenbindung sein.
Fehler 3: Auf die Anmeldung bei der Mehrwertsteuer verzichten
Es kann sinnvoll sein, sich auch mit einem Umsatz unter 100‘000 Franken freiwillig der Mehrwertsteuer zu unterstellen. Wenn Sie die effektive Abrechnungsmethode wählen, erhalten Sie die geleistete Vorsteuer auf Ihre oft hohen Investitionen zurückerstattet. Das kann gerade in der Anfangsphase lukrativ sein, weil Sie noch wenig steuerbare Umsätze erzielen.
Fehler 4: Möglichst wenig Sozialleistungen zahlen
Für sich selber müssen Inhaber und Inhaberinnen einer Einzelfirma kaum Beiträge an die Sozialversicherungen bezahlen. Sorgen Sie dennoch dafür, dass Sie durch Einzahlungen in die Säule 3a oder über zusätzliche Risikoversicherungen die fehlende Absicherung erhalten. Denn über Ihre Einzelfirma sind Sie persönlich nur wenig versichert.
- Mehr Informationen zu Ihren Versicherungsmöglichkeiten lesen Sie unter «Vorsorge und Versicherung für Selbstständige».
- Hier sehen Sie, was ein Treuhänder , eine Treuhänderin Ihnen bieten kann.
Autorin: Käthi Zeugin