Bewerbungen analysieren, Vorstellungsgespräche führen
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Aktualisiert am 24.11.2023
Von der Bewerbung zur Anstellung – so gehen Sie vor
Die Auswahl der richtigen Kandidatinnen aus den Bewerbungen, die Jobinterviews, der Kandidatenvergleich – all das frisst viel Zeit. Doch während Sie die Aufgaben rund um die Kandidatensuche und Stellenausschreibung und auch eine Vorselektion gut an einen externen HR-Service auslagern können, sollten Sie Vorstellungsgespräche selbst führen. Der oder die neue Mitarbeitende soll sich in Ihrem Unternehmen bewähren, mit dem Team und mit Ihnen zusammenarbeiten. Die Zeit, die Sie in die Auswahl investieren, lohnt sich auf lange Sicht.
Checkliste für die Bewerbungsanalyse
Treffen Sie die Wahl Ihrer neuen Mitarbeitenden möglichst aufgrund rationaler und objektiver Merkmale. Eine Checkliste hilft Ihnen, rasch die Spreu vom Weizen zu trennen, sodass Sie nur wirklich geeignete Personen zum Vorstellungsgespräch einladen.
A = positiv, Favoriten, werden sofort zum Interview eingeladen
B = grundsätzlich geeignet, gewisse Vorbehalte, pendent halten
C = ungeeignet, direkte Absage
Sind in einer interessanten Bewerbung nicht alle Punkte Ihrer Checkliste erfüllt oder entdecken Sie Lücken im Lebenslauf, notieren Sie Ihre Fragen, damit Sie im Vorstellungsgespräch darauf zurückkommen können. Fehlende Informationen und Unterlagen können Sie bereits jetzt schriftlich einfordern.
Vorlagen für Ihre Korrespondenz rund um Bewerbungen
Zum ganzen Rekrutierungsprozess gehört auch einiges an Korrespondenz: Sie verschicken Eingangsbestätigungen, verlangen noch fehlende Unterlagen, laden Ihre Favoriten (A-Kandidaten) zum Vorstellungsgespräch ein, bitten einige Bewerbende um Geduld und sagen anderen bereits ab.
Vorlage: Eingangsbestätigung
Vorlage: Einfordern weiterer Unterlagen
Vorlage: Bitte um Geduld (B-Kandidaten)
Vorlage: Einladung zum Vorstellungsgespräch
Vorlage: Absage Standard
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Vorstellungsgespräche erfolgreich gestalten
Vorstellungsgespräche sind zeitintensiv, aber nur so finden Sie die Person, die auf Ihre Vakanz passt. Laden Sie die interessantesten drei, vier Kandidaten und Kandidatinnen ein.
Im Vorstellungsgespräch wenden Sie am besten eine eigens für Jobinterviews konzipierte Fragetechnik an, die sogenannten Dreiecksfragen (siehe unten stehende Grafik). Damit erfahren Sie viel über eine Kandidatin und ihr konkretes Verhalten in Arbeitssituationen.
- Religion
- Politische Haltung
- Sexuelle Ausrichtung
- Kinderwunsch und Schwangerschaft
Bestehende Krankheiten, die keinen Einfluss auf die Arbeitsleistung habenDazu dürfen Sie keine Fragen stellen – ausser die Antwort ist für die berufliche Tätigkeit relevant (zum Beispiel Mehlstauballergie für eine Bäckerin). Fragen Sie dennoch, darf der Kandidat, die Kandidatin die Antwort verweigern oder eine falsche Auskunft geben.
Der Ablauf für Ihre Jobinterviews
Gehen Sie in den Interviews nach folgendem Ablauf vor. So schaffen Sie eine gute Atmosphäre und gestalten die Vorstellungsgespräche erfolgreich.
- Bestätigen Sie dem Kandidaten das Interview vorab per E-Mail und senden Sie einen Anfahrtsplan als PDF mit oder geben Sie den Link zu Ihrer Website an.
- Wählen Sie einen ruhigen, einladenden Ort – das kann der Besprechungstisch in Ihrem Einzelbüro oder ein kleines Sitzungszimmer sein.
- Ein bisschen Smalltalk auf dem Weg vom Empfang zum Besprechungsort – über die Anreise, den Verkehr, das Wetter – lockert die Atmosphäre vor dem offiziellen Gespräch.
- Einstieg ins Gespräch: Stellen Sie sich kurz vor, wenn weitere Personen am Gespräch teilnehmen, auch diese. Erklären Sie in groben Zügen den Gesprächsablauf.
- Häufiger Gesprächsablauf:
- Kurze Rückfrage, was der Kandidat bereits über das Unternehmen weiss
- Informationen zur Firma, Fragen klären und überleiten auf die Motivation des Kandidaten, sich für die Stelle zu bewerben
- Eingehen auf den Werdegang und den Lebenslauf
- Genauere Erklärungen zur Stelle, Fragen klären
- Anstellungsbedingungen und Lohnnebenleistungen erklären, Lohnvorstellungen der Kandidatin erfragen (Ihr Lohnangebot machen Sie meist erst im zweiten Interview)
- Weiteres Vorgehen klären
- Sich fürs Gespräch bedanken und sich verabschieden
Kluge Fragen führen zum Ziel: Fragetechnik für Jobinterviews
Dreiecksfragen (siehe Grafik), eine für Interviews konzipierte Fragetechnik, liefern Ihnen wertvolle Erkenntnisse über die Bewerbenden. Ziel ist es, aus Alltagsbeispielen einer Kandidatin etwas über ihr Verhalten und über die Ergebnisse dieses Verhaltens zu erfahren:
- Sie bitten die Kandidatin zuerst, eine konkrete, für Sie interessante Situation aus dem Geschäftsalltag zu schildern.
- Die zweite Frage geht etwas tiefer: Sie fragen, wie die Kandidatin mit dieser Situation umgegangen ist.
- Als Drittes fragen Sie, was das Resultat des Vorgehens war.
Diese Interviewtechnik macht es den Bewerbenden schwieriger, sich besser zu verkaufen, als sie sind, oder sogar zu flunkern. Spätestens bei der dritten Frage würden sie sich in ihren Aussagen verstricken.
- Situation: Schildern Sie uns eine Situation aus Ihrem beruflichen Alltag, in der Sie eine besondere fachliche Herausforderung meistern mussten.
- Verhalten: Welche Schritte haben Sie zuerst unternommen? Was war Ihnen in dieser Situation besonders wichtig? Wen haben Sie involviert?
- Ergebnis: Was war das Endresultat? Haben Sie eine Rückmeldung von Kunden und/oder Vorgesetzten dazu erhalten? (Optional: Hätten Sie im Nachhinein etwas anders gemacht?)
Dreiecksfragen
Mit Erfassungsbogen Kandidaten besser vergleichen
Am besten führen Sie alle Interviews nach derselben Struktur (siehe unten stehender Leitfaden Vorstellungsgespräch): Sie stellen allen Bewerbenden die gleichen Fragen, notieren die Antworten im Erfassungsbogen (siehe Vorlage) und bewerten diese in einer Skala. Am Schluss haben Sie so für jeden Kandidaten, jede Kandidatin eine Punktezahl und können Vergleiche ziehen. Das erhöht die Objektivität Ihres Entscheids – Ihr Bauchgefühl soll aber zum Schluss ebenso ein Kriterium sein. Denn wenn Sie mit einer Person «nicht können», helfen auch die besten objektiven Qualifikationen nichts.
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Zweites Interview und Assessment – wann ist das sinnvoll?
Ein zweites Interview führen Sie einerseits mit Kandidatinnen für Schlüssel- und Führungspositionen, anderseits dann, wenn Sie sich über die Eignung eines Kandidaten noch nicht sicher sind. Oft wird dem Kandidaten für dieses zweite Interview eine Aufgabe gestellt – er soll an einem konkreten Beispiel (Business Case) zeigen, wie er sich im Geschäftsalltag verhält.
- Frage für Führungsperson: Die Fluktuationsrate in Ihrem Team hat sich im letzten Jahr verdoppelt (aktuell 20 Prozent). Wie gestalten Sie die ersten 100 Tage als Führungskraft dieses Teams? Wie gehen Sie konkret das Thema Fluktuation an? Präsentieren Sie uns Ihr Vorgehen, Sie sind in der Gestaltung der Präsentation frei. Folgende Hilfsmittel stehen Ihnen zur Verfügung: Beamer und Flipchart.
- Frage für Fachperson: Für Ihr neues Bauprojekt brauchen Sie ein Budget von XY Franken und die Zustimmung der Geschäftsleitung. Wie überzeugen Sie die Geschäftsleitung, damit sie dieses Projekt unterstützt und finanziert?
Generell geht es darum, zu eruieren, wie gut ein Kandidat zu Ihrer Stelle und ins Team passt, zum Beispiel mit Fragen wie diesen:
- Was waren Ihre Gedanken nach dem letzten Gespräch?
- Welche Herausforderungen werden Sie bei Stellenantritt antreffen?
- Welche Aufgaben werden Ihnen Spass machen? Bei welchen Aufgaben müssten Sie sich mehr motivieren?
- Wie stellen Sie sicher, dass Sie als Führungsperson wahrgenommen werden? Bitte schildern Sie uns dies an einem konkreten Beispiel.
- Schildern Sie uns eine Situation, in der Sie Ihre Mitarbeitenden in einen Entscheidungsprozess eingebunden haben. Was war dabei Ihre Rolle? Was und wie wurde entschieden? Wie war die Reaktion der Mitarbeitenden darauf?
Häufig sind auch der Lohn, die Fringe Benefits und weitere Anstellungsbedingungen, etwa Weiterbildungsmöglichkeiten, Thema im zweiten Interview.
Assessment für Schlüsselpositionen
Sie besetzen eine Schlüsselposition und möchten im Selektionsprozess das Potenzial einer Bewerberin für diese Stelle erfahren? Oft reichen dafür die Interviews nicht aus. Externe Beratungsfirmen bieten deshalb die Möglichkeit, in einem Beratungsgremium dieses Potenzial genauer zu bestimmen. Solche Assessments dauern in der Regel einen halben bis einen ganzen Tag und können – in Absprache mit Ihnen – folgende Methoden beinhalten:
- Interviews
- Rollenspiele
- Präsentationen
- Diskussionen
- Fallbearbeitungen
- Persönlichkeits- und Intelligenztests
Assessments sind teuer und zeitaufwendig. Sie bringen aber den Vorteil, dass Sie eine Person in verschiedenen Situationen erleben und dadurch ein schlüssigeres Bild erhalten, um eine objektivere Entscheidung treffen zu können. Assessments werden bei wichtigen Kader- und Fachpositionen eingesetzt.
Schnuppertage organisieren
Ist ein Interview positiv verlaufen, empfiehlt sich je nach Stelle, einen Schnupper(halb)tag zu organisieren. So erhält die Kandidatin einen Einblick in ihre Funktion und kann das zukünftige Team kennenlernen. Und auch Ihr Team hat die Möglichkeit, die potenzielle Kollegin zu beschnuppern. Fragen Sie danach beide Seiten nach ersten Eindrücken.
Holen Sie Referenzen ein
Referenzen holen Sie erst ein, wenn Sie schon fast sicher sind, dass Sie die richtige Person für Ihre Vakanz gefunden haben. Die Adressen der Referenzpersonen stehen entweder im Lebenslauf oder Sie haben sie im Vorstellungsgespräch erhalten. Aus Datenschutzgründen dürfen Sie nur Referenzen von Personen einholen, zu denen die Kandidatin ihre Zustimmung gegeben hat – auch dann, wenn Sie zum Beispiel eine frühere Vorgesetzte oder einen Kollegen persönlich kennen.
Überlegen Sie sich vor dem Telefonat, zu welchen Punkten Sie nähere Informationen brauchen. Gibt es zum Beispiel Passagen im Arbeitszeugnis, zu denen Sie genauere Angaben möchten? Greifen Sie auf den Erfassungsbogen zum Vorstellungsgespräch zurück und notieren Sie sich rund fünf möglichst konkrete, auf Ihre Stelle zugeschnittene Fragen zu diesen Themen:
- Fachliche Kompetenzen
- Sozialkompetenzen, je nach Stelle auch Führungskompetenz
- Eignung für die Stelle
- Zusammenarbeit mit Kollegen, Vorgesetzten, Kundschaft
- Engagement
- Stärken und Schwächen
- Punkte, die im Vorstellungsgespräch nicht genügend geklärt wurden – zum Beispiel wie gut die Kandidatin mit Veränderungen und Zeitdruck umgehen kann.
Zusagen und Absagen – Textvorlagen erleichtern die Arbeit
Sie haben die richtige Person gefunden und möchten ihr zusagen. Am besten überbringen Sie die Nachricht mündlich per Telefon. Dann erfahren Sie auch gleich, ob der Kandidat, die Kandidatin die Stelle wirklich annehmen will. Es kann vorkommen, dass ein Bewerber noch etwas Bedenkzeit braucht. Diese sollten Sie ihm gewähren und mit den Absagen für die anderen Kandidaten abwarten.
Bestätigen Sie in Ihrem Telefonat nochmals das Eintrittsdatum, das Arbeitspensum und den vereinbarten Lohn. Erklären Sie, wann die Person mit dem Vertrag rechnen kann und dass eine Bestätigung per E-Mail folgen wird, sofern sie die Stelle annimmt.
Unter Umständen dauert es vom Abschluss des Arbeitsvertrags mehrere Monate, bis der neue Mitarbeiter bei Ihnen anfängt. Lassen Sie ihn in dieser Zeit nicht ganz allein. Eine gute Einführung neuer Angestellter beginnt schon vor dem ersten Arbeitstag (mehr dazu lesen Sie unter «Onboarding»).
Absagen korrekt erledigen
Sagt Ihre Wunschkandidatin zu, müssen Sie allen anderen absagen. Dabei gilt die Regel: Wenn Sie einen persönlichen Kontakt zu einem Kandidaten hatten, sollten Sie ihm auch persönlich am Telefon absagen. Manchmal ist dann dennoch ein Absagebrief nötig, etwa weil der Kandidat diesen dem RAV vorlegen muss.
Richtig umgehen mit den Bewerbungsunterlagen
Das Bewerbungsdossier der angestellten Person legen Sie im Personaldossier ab und bewahren es dort auf.
Sämtliche Bewerbungsdossiers der Kandidatinnen und Kandidaten, denen Sie abgesagt haben, müssen Sie vernichten. Für statistische Zwecke dürfen Sie Daten speichern, die keine Rückschlüsse auf die Person der Kandidaten zulassen – zum Beispiel die Anzahl Bewerbungen oder das Geschlecht der Bewerbenden. Sind Bewerbungen in Papierform vorhanden, sollten Sie diese spätestens nach drei Monaten zurückschicken. Papierkopien werden geschreddert. Bei Bewerbungsdossiers in elektronischer Form müssen Sie sicherstellen, dass diese definitiv gelöscht und nicht zum Beispiel noch im elektronischen Papierkorb auffindbar sind.
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Autorin und Expertin: Laetitia Dacorogna