Betriebshaftpflicht und Berufshaftpflicht
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Aktualisiert am 15.11.2023
Welche Haftpflichtversicherung braucht Ihr Unternehmen?
Wenn Sie jemandem einen Schaden zufügen, haften Sie dafür. Gerade wenn Personen zu Schaden kommen, kann das zu komplexen, existenzbedrohenden Fällen führen. Eine Betriebs- oder Berufshaftpflichtversicherung deckt solche Schadenersatzansprüche, sofern sie berechtigt sind. Unbegründete Forderungen wehrt die Versicherung für Sie ab.
Die Versicherung zahlt für Personen-, Sach- und daraus resultierende Vermögensschäden (Betriebshaftpflicht) respektive für reine Vermögensschäden, denen kein anderer Schaden vorausgegangen ist (Berufshaftpflicht).
Versichert sind immer nur Schäden an Dritten, nicht die sogenannten Eigenschäden, die Ihnen als Unternehmer entstanden sind. Zu den Eigenschäden zählen auch Schäden an Personen, die mit Ihnen im gleichen Haushalt leben. Ebenfalls ausgeschlossen ist das sogenannte Unternehmerrisiko. Damit sind alle Forderungen gemeint, die im Zusammenhang mit der Vertragserfüllung gestellt werden, beispielsweise die Behebung von Mängeln.
Ob Sie eine Betriebshaftpflichtversicherung abschliessen sollten oder ob Sie eine Berufshaftpflichtversicherung benötigen, hängt in erster Linie von der Art Ihres Geschäfts ab.
Haftpflichtversicherung für klassische Handwerksbetriebe
Klassische Handwerksbetriebe brauchen in der Regel eine Betriebshaftpflichtversicherung. Sie ist freiwillig, jedoch empfehlenswert. Ähnlich wie bei der Privathaftpflichtversicherung versichert die Betriebshaftpflicht zu einer vergleichsweise geringen Prämie Schadenfälle, die zwar selten sind, aber potenziell hohe Forderungen mit sich bringen. Pflicht ist eine Betriebshaftpflichtversicherung in der Schweiz gemäss Art. 71 SVG für Unternehmen, die Motorfahrzeuge herstellen, reparieren oder mit ihnen handeln.
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Haftpflichtversicherung für beratende Unternehmen
Für beratende Unternehmen ist zusätzlich eine Berufshaftpflicht sinnvoll, weil ihr grösstes Risiko oft in einem reinen Vermögensschaden besteht. Da die Schadenfälle in diesem Bereich zugenommen haben, sind die Versicherer vorsichtiger geworden. Sie prüfen die Risiken genau und verlangen entsprechend höhere Prämien. Die entscheidenden Parameter sind die Betriebstätigkeit und die gewünschte Höhe der Schadensumme.
Für einige Berufszweige ist die Berufshaftpflicht obligatorisch:
- Treuhand
- Unternehmensberatung
- Anwälte
- Gesundheitswesen
- IT-Branche
- Architekten und Ingenieure
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Betriebshaftpflicht oder Berufshaftpflicht – der Unterschied
Der Unterschied zwischen einer Betriebshaftpflichtversicherung und einer Berufshaftpflichtversicherung ist der Deckungsumfang:
- Die Betriebshaftpflicht kommt für Schäden an Personen und Sachen auf sowie für Vermögensschäden, die daraus resultieren.
- Sogenannte echte Vermögensschäden, die nur finanzieller Natur sind, übernimmt hingegen die Berufshaftpflicht.
Während die meisten Betriebe eine Betriebshaftpflichtversicherung benötigen, ist eine Berufshaftpflicht vor allem für KMU mit beratenden Dienstleistungen sinnvoll. Durch ihre Tätigkeit sind sie dem Risiko eines reinen Vermögensschadens ausgesetzt: Eine Scheidungsanwältin zum Beispiel könnte verklagt werden, weil sie nicht das Optimum für ihren Mandaten herausgeholt hat.
Die Versicherungslösungen unterscheiden sich stark voneinander. Die Policen enthalten Ausschlüsse und Einschlüsse, bei denen Laien schnell den Überblick verlieren. Anders als bei anderen Versicherungen reicht die Grunddeckung oft nicht aus. Es gibt für verschiedene Tätigkeiten zugeschnittene Zusatzbausteine, die Sie unbedingt prüfen sollten. Sonst laufen Sie Gefahr, dass Sie sich in falscher Sicherheit wiegen.
Was ist in der Betriebshaftpflicht versichert?
Eine Betriebshaftpflichtversicherung deckt Personen- und Sachschäden sowie Vermögensschäden, denen ein Personenschaden oder ein Sachschaden zugrunde liegt.
Wird ein Mensch verletzt oder gar getötet, gilt dies als Personenschaden – ein Beispiel: Fällt Ihrem Mitarbeiter der Hammer vom Gerüst und trifft den Kopf eines Kindes, müssen Sie für die Heilungskosten, allfällige Therapien und Folgeschäden aufkommen. Gerade Personenschäden sind unberechenbar und können sehr teuer werden.
Sachschäden sind Schäden an Objekten, die bei der Ausübung Ihrer Tätigkeit passieren. Wenn ein Sanitär beim Einbauen der Badewanne die angrenzende Wand beschädigt oder wenn der Hammer aus dem obigen Beispiel kein Kind, sondern den vergoldeten Brunnen der Nachbarin trifft, bezeichnet man dies als Sachschaden.
Was ist in der Berufshaftpflicht versichert?
Die Berufshaftpflichtversicherung deckt reine Vermögensschäden. Also finanzielle Folgen, denen kein Sach- oder Personenschaden vorausgegangen ist. Sie richtet sich an Unternehmen, die vorwiegend beratend tätig sind und verantwortlich gemacht werden können für Fehlberatungen oder weil sie Hinweise auf mögliche Schäden unterlassen haben.
- Ein Steuerberater «optimiert» die Steuererklärung einer Klientin so weit, dass diese später dafür zur Rechenschaft gezogen wird und eine Busse bezahlen muss. Sie stellt aufgrund der Fehlberatung Schadenersatzforderungen.
- Eine Programmiererin macht einen groben Fehler im internen System einer Bank – die Mitarbeitenden können daraufhin mehrere Tage lang keine Börsengeschäfte tätigen. Die Kunden fahren hohe Verluste ein und wehren sich. Die Bank greift auf die Programmiererin zurück.
Was sind die Risiken eines KMU?
Als Unternehmer oder Unternehmerin tragen Sie die Haftung für eine Reihe von Schäden, die aus Ihrer Tätigkeit entstehen können, auch wenn sie von Ihren Mitarbeitenden verursacht wurden. In der Betriebshaftpflichtversicherung wird im Grundsatz zwischen dem Anlagerisiko, dem Betriebsrisiko und dem Produktrisiko unterschieden. Von zunehmender Bedeutung ist weiter das Umweltrisiko.
- Anlagerisiko
Sie haften für Unfälle, die auf Ihrem Betriebsareal passieren. Jemand stolpert beispielsweise über ein am Boden liegendes Kabel oder Ihr Kunde setzt sich auf einen Stuhl, der zusammenbricht. - Betriebsrisiko
Sie haften für die Gefahr, die von Ihrer Tätigkeit ausgeht. Durch Ihre Arbeit oder durch die Ihrer Mitarbeiter sind Personen oder Sachen zu Schaden gekommen. - Produktrisiko
Sie tragen das Produktrisiko, wenn Sie Produkte herstellen oder Teile, die Sie herstellen, in anderen Produkten weiterverarbeitet werden. - Umweltrisiko
Sie haften für Schäden, die aus Ihrer Tätigkeit an Luft, Wasser oder Erde entstehen.
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Haftpflichtversicherung abschliessen oder wechseln
Bei vielen Versicherern ist die ganze Haftpflichtversicherung in einem Produkt kombiniert. Sie wählen die einzelnen Bausteine und sind dann gegen Personen- und Sachschäden oder eben auch gegen reine Vermögensschäden versichert.
Die Obergrenze für Vermögensschäden bestimmen Sie selbst
Für Personenschaden und Sachschäden gilt eine Obergrenze von fünf Millionen Franken. Für Vermögensschäden definieren Sie als Versicherter die Obergrenze selbst. Da diese einen entscheidenden Einfluss auf die Prämie der Berufshaftpflichtversicherung hat, legen die meisten KMU eine Versicherungssumme von 500'000 bis 1'000'000 für Vermögensschäden fest. In dieser Spanne ist ein Grossteil der Risiken abgedeckt, mit denen ein kleineres oder mittleres Unternehmen in der Regel rechnen muss.
Weil die Prämie für eine Berufshaftpflichtversicherung vergleichsweise teuer ist, versuchen gerade kleinere Unternehmen anfangs oft, ohne auszukommen. Nicht selten fordern grössere Auftraggeber diese aber irgendwann ein.
Die richtige Deckung wählen und Offerten einholen
Von besonderer Bedeutung sind im Haftpflichtbereich auch die Zusatzversicherungen. Je nach Geschäftstätigkeit benötigt Ihr Unternehmen ganz unterschiedliche Versicherungsdeckungen. Berücksichtigen Sie dies beim Offertenvergleich, denn es ist mehr als ärgerlich, wenn gerade Ihr grösstes Risiko letztlich nicht gedeckt ist.
Möchten Sie Offerten einholen? Am einfachsten geht das mit unserer Anbietersuche: Sie füllen den Bedarfs-Check für Betriebshaftpflicht oder den Bedarfs-Check für Berufshaftpflicht aus und wir finden für Sie kostenlos bis zu drei passende Anbieter.
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Kriterien für den Vergleich
Verschiedene Offerten zu vergleichen, ist im Bereich der Betriebs- und Berufshaftpflicht selbst für erfahrene Berater schwierig. Der Aufbau einer Police ist oft verwirrend und durchzogen mit Ein- und Ausschlüssen. Folgende Punkte können Sie aber beachten, wenn Sie vor einem Abschluss stehen:
- Ein fixer Selbstbehalt ist einfacher einzukalkulieren als ein prozentualer. Ziehen Sie deshalb einen Selbstbehalt von beispielsweise 5'000 Franken einem von 10 Prozent der Schadenhöhe vor.
- Überlegen Sie, wo Ihr potenzielles Schadenrisiko liegt. Verkaufen Sie ein heikles Lebensmittel? Beraten Sie in Konfliktsituationen? Transportieren Sie fremde Waren? Schauen Sie in den AVB nach, ob Ihr Risiko versichert ist. Im Zweifelsfall fragen Sie den Versicherer.
- Minimieren Sie das Risiko für Vermögensschäden, bevor Sie eine Berufshaftpflichtversicherung abschliessen. Dazu gehören ein hieb- und stichfester Vertrag mit Kunden und Partnern, standardisierte Prozesse und das Einhalten der in Ihrer Branche bewährten Qualitätssicherungsmethoden. Wenn Sie vertraglich eine Haftung übernehmen, die über das gesetzliche Minimum hinausgeht, wird Ihnen das kein Versicherer zahlen.
- Eine gute Berufshaftpflichtversicherung ist nicht für einen Spottpreis zu haben. Massgebend ist Ihre Geschäftstätigkeit und die Höhe der maximalen Schadensumme. Wenn die Jahresprämie für Vermögensschäden von 500'000 bis 1'000'000 aber unter 1'000 Franken liegt, sollten Sie den Deckungsumfang und die Ausschlüsse prüfen.
Bei Versicherungswechsel – zeitlichen Geltungsbereich prüfen
Es gibt unterschiedliche zeitliche Geltungsbereiche: das Verursachungsprinzip, das Ansprucherhebungsprinzip und das Schadeneintrittsprinzip. Damit keine Deckungslücke entsteht, sollten Sie insbesondere bei einem Wechsel des Versicherers darauf achten, dass im neuen Vertrag der gleiche zeitliche Geltungsbereich gilt wie im bisherigen. Sonst laufen Sie Gefahr, dass Sie während einer gewissen Zeitspanne nicht versichert sind.
Achten Sie auf den örtlichen Geltungsbereich
Die Standard-Versicherungsbedingungen legen meist den örtlichen Geltungsbereich «Welt, ohne USA/Kanada» fest. Wenn Sie direkt nach Amerika exportieren, müssen Sie den örtlichen Geltungsbereich explizit prüfen und abklären, unter welchen Umständen Sie dies versichern können.
Es kann aber auch vorkommen, dass Sie zwar ein Produkt nicht direkt in die USA verkaufen, dieses aber über Dritthändler trotzdem dort landet. Wenn es Ihr Produkt ist, können Sie dafür haftbar gemacht werden. Der indirekte Export ist über einen Zusatzbaustein einfacher versicherbar als der direkte.
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Wählen Sie die richtigen Zusatzbausteine
Viele Firmen wähnen sich in falscher Sicherheit, wenn sie eine Betriebs- und Berufshaftpflichtversicherung abgeschlossen haben. Noch viel mehr als bei anderen Versicherungen gilt hier nämlich: Die Grunddeckung kommt nicht für alle Schäden auf. Es gibt mehrere Dutzend Zusatzversicherungen, die je nach Betriebszweig sinnvoll sein können. Die folgende Checkliste hilft Ihnen, die notwendigen Zusatzbausteine für Ihr Unternehmen zu erkennen.
Direkt bearbeitete Sachen sind nicht automatisch gedeckt
Anders als viele meinen, sind direkt bearbeitete Sachen normalerweise von der Deckung ausgeschlossen. Wenn Sie einen Reparatur- oder Dienstleistungsbetrieb führen, in dem Kundensachen bearbeitet werden, sind Schäden daran also nicht automatisch gedeckt.
Mit einer Zusatzversicherung können Sie direkt bearbeitete Sachen einschliessen – mit einem Selbstbehalt und einer Begrenzung der Versicherungssumme.
Beachten Sie die Ausschlüsse bei Mieterschaden
Die Mieterschadendeckung schützt Sie vor Ansprüchen Ihres Vermieters und ist Bestandteil der Grunddeckung in der Betriebshaftpflichtversicherung. Manchmal sind die typischen Risiken aus der Sachversicherung (Feuer/Elementarschaden, Wasser, Diebstahl, Glasbruch) jedoch ausgeschlossen. Der Gedanke dahinter ist, dass die Gebäude- oder Fahrhabeversicherung zuständig ist, wenn ein Schadenfall aufgrund eines dieser Risiken passiert.
Problematisch wird dies aber, wenn Ihr Vermieter keine oder nur eine ungenügende Gebäudeversicherung abgeschlossen hat. Obligatorisch ist in den meisten Kantonen nur die Feuer-/Elementarschadendeckung. Es könnte also passieren, dass Sie ein Verschulden an einem Wasserschaden tragen (zum Beispiel aufgrund einer fehlerhaften Bedienung der Abwaschmaschine) und der Vermieter auf Sie zurückgreift.
Wenn Sie versehentlich ein Schaufenster oder ein anderes mit dem Gebäude verbundenes Glas zerstören, ist das versichert – unabhängig davon, ob es sich um einen Mieterschaden handelt oder nicht.
Das gilt im Schadenfall
Haftpflichtschäden sind juristisch komplexe Angelegenheiten, bei denen oft verschiedene Gesetze einbezogen werden müssen. Es ist deshalb wichtig, dass Sie sich schnell an Ihren Versicherer wenden, wenn eine Drittperson Ansprüche gegen Sie erhebt. Beachten Sie im Schadenfall diese Punkte:
- Legen Sie alle Unterlagen – Dokumente, Belege oder Informationen zum Schadenhergang – bereit und schalten Sie unverzüglich Ihren Versicherer ein.
- Führen Sie keinesfalls Verhandlungen mit dem oder der Geschädigten und anerkennen Sie nie eine Schuld.
- Bezahlen Sie keinen Schadenersatz und unterzeichnen Sie nichts.
Das folgende Factsheet enthält eine Beispielsammlung von Haftpflichtschäden, die in KMU passieren können. Es soll Ihnen helfen, die Mechanismen eines Haftpflichtfalls besser zu verstehen und ein Gespür für die Risiken in Ihrem Betrieb zu entwickeln.
Autor/-innen und Expert/-innen: Rahel Lüönd, Oliver Odermatt